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Neue Erfindung Magdeburger tüfteln am Fahrradkofferraum

Einen Kofferraum für das Fahrrad haben Mechatronikstudenten in Magdeburg erfunden. Dafür sind sie ausgezeichnet worden.

Von Vanessa Plentinger 14.10.2018, 23:01

Magdeburg l Eine Fahrradtour an der Ostsee. So wollen Finn Süberkrüb und Markus Rothkötter, die sich bei einem Roboterbau-Projekt an der Uni in Magdeburg kennengelernt hatten, mit einigen Kommilitonen ihr erstes Semester gebührend ausklingen lassen. Für das zusätzliche Gepäck bestellt Süberkrüb extra einen 50 Euro teuren Fahrradanhänger.

Doch nach nur 20 Kilometern zerfällt dieser in seine Einzelteile. „Da wir schon zuvor ziemlich erfolgreich in der Uni zusammengearbeitet hatten, waren Markus und ich uns dann direkt einig, dass wir das besser können“, erinnert sich Süberkrüb. Die Idee zum Fahrradkofferraum „Trenux“ (der Name hat laut der Erfinder keine spezielle Bedeutung) war geboren.

In den Semesterferien 2016 sperren sich die zwei in die Garage von Süberkrübs Eltern ein und tüfteln an einem ersten Prototyp aus Holz. Zurück an der Uni bewerben sich die Erfinder beim Transfer- und Gründerzentrum der Universität für die sogenannten „Making Labs“, also Werkstätten mit hochwertigen Maschinen und Fachpersonal, in denen angehende Gründer an ihren Ideen arbeiten können. Süberkrüb: „So konnten wir unser erstes Metallmodell fertigen. Das war so zwischen Ende 2016 und Anfang 2017.“

Wie soll so ein Kofferraum fürs Fahrrad denn jetzt genau aussehen? Kurz gesagt, er ist ein Aufsatz für jedes Fahrradmodell, der mit einem Handgriff zu einem Anhänger ausgeklappt werden kann. „Das fertige Produkt soll etwa zwei Getränkekisten, also um die 40 Kilogramm stemmen können. Zur Beförderung von losen Gegenständen wird dann noch ein Packsack dabei sein. Wir können uns vorstellen, dass spätere Modelle auch im geschlossenen Zustand etwa als Ablage oder eine Art Fahrradtasche verwendet werden können oder den Transport von Kindern und Tieren ermöglichen“, klärt Rothkötter auf.

Man wolle eine Komplettlösung für Personen anbieten, die „etwas mit dem Fahrrad, also dem besten Verkehrsmittel der Welt, von A nach B bewegen wollen.“

Nach der anfänglichen Euphorie wird es etwas stiller um das Projekt, schließlich wollen sich die Studenten zunächst darum kümmern, ihr Studium möglichst erfolgreich zu bewältigen. „Wir haben nebenher schon mal den Patentantrag laufen lassen, wobei wir nochmal eingehend prüfen mussten, ob unsere Idee wirklich komplett neu ist. Tatsächlich ist auf ein Produkt wie unseres wohl noch nie jemand gekommen“, sagt Finn Süberkrüb.

„Der richtige Durchbruch kam erst vor etwa drei Monaten, als unsere Betreuerin von der Uni bei mir wegen eines Investorentreffens in Schönebeck anrief und meinte: ‚Jungs wäre das nicht was für euch?‘“, so Markus Rothkötter. Nach ihrer Präsentation interessierten sich direkt drei bekannte Investoren (die aufgrund einer Verschwiegenheitserklärung nicht genannt werden dürfen) für das außergewöhnliche Projekt.

„Unser jetziger Investor ist gleichzeitig ein wichtiger Mentor in allen unternehmerischen Angelegenheiten. Er ist zum Beispiel mit uns zur Investitionsbank gekommen. Von diesen Dingen haben wir als Mechatronikstudenten ja keine Ahnung“, geben die beiden zu.

Kurz darauf wartet schon der nächste Erfolg auf sie: Bei der „EUROBIKE“ in Friedrichshafen, der weltgrößten Fahrradmesse, qualifizieren sie sich, ihr Projekt vor einer Fachjury vorzustellen. Auch die überzeugen sie und werden neben fünf anderen Jungunternehmern für ihr Konzept mit dem EUROBIKE Start-Up-Award ausgezeichnet, was ihnen u. a. einen Stand auf der Fahrradmesse VELOBerlin 2019 einbringt. „Wir haben die Gabe, dass wir aus Versehen in Sachen reinstolpern, die dann eigentlich ganz gut sind und die wir auch ganz gut machen“, lacht Rothkötter.

Crowdfunding bedeutet, dass das Projekt auf der jeweiligen Plattform (hier: startnext.com) vorgestellt wird und jeder, der möchte, dieses mit einem selbstgewählten Geldbetrag unterstützen kann. Je nach Höhe der Spende gibt es dann kleinere und größere Dankesgeschenke, wie etwa die Garantie sowie einen Rabatt auf eines der ersten Produkte. „Bis dahin müssen wir natürlich noch mal reinhauen, was den Prototypen angeht. Momentan ist er noch nicht ‚verkaufbar‘, da beispielsweise einige Teile der Endbelastung von circa 40 Kilo noch nicht standhalten“, sagen sie.

Momentan stecken die Studenten in ihren Bachelorarbeiten fest. Danach soll der Fokus aber voll auf Trenux liegen. „Im November gründen wir endlich unsere Firma. Und passend zum Start der Fahrradsaison 2019 wollen wir dann im Frühjahr eine Crowdfunding-Kampagne auf der Internetplattform ‚Startnext‘ beginnen, um herauszufinden, ob überhaupt eine Nachfrage besteht und unser fehlendes Budget (vermutlich zwischen 40.000 und 60.000 Euro, Anmerkung der Redaktion) für die kommerzielle Produktion zu sammeln“, klärt Süberkrüb auf.

Um das zu schaffen, bekommen die beiden nicht nur die Unterstützung von Fachkräften oder Experten, die sie mittlerweile kennengelernt haben: „Über das Kontaktformular unserer Website erhalten wir immer wieder Nachrichten von potenziellen Kunden. So hat uns eine nette Dame erst darauf gebracht, den Anhänger abnehmbar zu gestalten, so dass sie ihn problemlos mit in den Supermarkt nehmen und dort direkt mit ihrem Einkauf befüllen kann“, räumt Rothkötter ein.

Fest steht für die Magdeburger Studenten, dass die Produktion so regional wie möglich stattfindet und auch die Endverarbeitung sowie Kontrollen über ihren Tisch laufen sollen. Schließlich basiert ihre Firmenphilosophie auf dem Anspruch qualitativ hochwertig, langlebig und umweltfreundlich zu produzieren. Denn für die beiden gilt: „Wir haben uns geschworen, wenn wir gründen, dann machen wir es richtig!“