Vor Premiere der „Schachnovelle“ Novelle nach Nippeln: Am Theater Magdeburg ist Michael Ruchter mit zweitem Solostück zu sehen
Michael Ruchter wagt sich in Magdeburg an Stefan Zweigs „Schachnovelle“ – dicht, packend und publikumsnah. Premiere ist am 25. September im Schauspielhaus.

Magdeburg. - Schauspieler Michael Ruchter ist kein Mann für halbe Sachen. Wer ihn einmal auf der Bühne gesehen hat, weiß: Der geht immer „all in“. Mal konfrontativ-flapsig, mal konzentriert wie ein Schachgroßmeister – aber nie belanglos. Und das Magdeburger Publikum darf sicher sein: Irgendwas passiert immer.
Handy klingelt? Bonbon raschelt? Kein Problem. Ruchter richtet den Scheinwerfer kurzerhand dorthin – charmant, humorvoll, fast kumpelhaft. Für ihn ist das keine Störung, sondern ein Geschenk. Denn Theater lebt für ihn von einem Prinzip: Nähe. Dieses „gemeinsame Erleben“, wie er es nennt, ist kein Beiwerk – es ist sein Motor.
Vom Kunstmuseum Magdeburg ins Kasino des Theaters Magdeburg
Mit der „Schachnovelle“ nach Stefan Zweig steht nun seine zweite Soloarbeit in Magdeburg vor der Premiere. Nach „Nipplejesus“ – dem Publikumsliebling von Regisseur Anton Kurt Krause im Kunstmuseum Magdeburg, der Ruchter beim Reutlinger Monolog-Festival sogar die „Tonnella“-Trophäe einbrachte – wagt sich Ruchter an einen Klassiker, der deutlich schwerer wiegt als jede Provokation mit moderner Kunst.
Die „Schachnovelle“ führt das Publikum auf einen Passagierdampfer, der von New York nach Buenos Aires fährt. An Bord: Emigranten auf der Flucht, Geschäftsleute, Urlauber – und der Schachweltmeister Mirko Czentovic, ein Mann so kalt und abweisend, dass er eher an eine Maschine erinnert. Gegen Bezahlung lässt er sich zu Partien herab, die er natürlich mühelos gewinnt. Doch dann tritt Dr. B. auf, ein Jurist, der in der NS-Zeit gefoltert und isoliert wurde – und in seiner Verzweiflung das Schachspiel zu einer Art Rettungsanker machte. In der Begegnung dieser Figuren geht es nicht nur um Züge und Mattsetzungen, sondern um die psychischen Narben eines Systems, das den Einzelnen brechen wollte.
Schachspiel mit der Geschichte um Vertreibung und Flucht
Ruchter sagt selbst: „Das Stück richtet sich an alle, die Lust auf eine spannende Geschichte haben.“ Und er meint das wörtlich. Denn so weit entfernt die Handlung zunächst wirkt, so nah rückt sie in ihrer Botschaft: Es geht um den Zerfall demokratischer Prozesse, um das Aushöhlen gesellschaftlicher Werte, um die Frage, wie man als Individuum gegen ein System bestehen kann. Stefan Zweigs Erzählung war sein letztes Werk vor dem Suizid 1942 – und man versteht sofort, warum er darin eine ganze Epoche verdichtet hat.
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Ruchter hat dafür eine Textfassung von Katrin Enders, die ihn fordert: lange Schachtelsätze, detailreiche Reflexionen, große sprachliche Bögen. Aber genau das ist seine Spielwiese. Denn langweilig wird es keine Sekunde: Er arbeitet nah am Publikum, zieht es hinein, spricht es direkt an – und verwandelt einen literarischen Klassiker in einen Theaterabend, der gleichermaßen beklemmend, spannend und auch humorvoll sein kann.
Magdeburger Schauspieler Michael Ruchter: Ein Mann, viele Bühnen
Dass Ruchter auch jenseits des Schauspielhauses Energie hat, beweist seine Theaterband „Drama Baby“. Zusammen mit anderen Ensemblemitgliedern stellt er dort unter Beweis, dass Schauspieler nicht nur Textfetzen und Schachtelsätze, sondern auch Akkorde und Rhythmen beherrschen.
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Und sonst? Eine To-do-Liste mit Traumrollen gibt’s natürlich auch. Irgendwann soll Mephisto dran glauben – aber bis dahin freut er sich über alles, was kommt. Vor allem, wenn es das Publikum überrascht.
Termine, Ort und Karten für „Schachnovelle“ nach Stefan Zweig am Theater Magdeburg
Tickets sind im Vorverkauf an der Theaterkasse im Opernhaus (Montag bis Freitag 10–18.30 Uhr, Samstag bis 14 Uhr) sowie an der Abendkasse im Schauspielhaus erhältlich. Außerdem gibt es sie im Volksstimme-Servicecenter, online bei Biberticket unter www.biberticket.de und telefonisch über die Hotline 0391/5999-700. Informationen zum Spielplan finden sich auch unter auf der Homepage des Theaters Magdeburg unter www.theater-magdeburg.de.
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Die Premiere der „Schachnovelle“ ist am Donnerstag, den 25. September 2025, um 19.30 Uhr im Schauspielhaus des Theaters Magdeburg in der Otto-von-Guericke-Straße 64. Schon jetzt sind die Premiere und mehrere Folgevorstellungen – am 10.10., 16.10., 16.11. und 2.12. – ausverkauft. Restkarten gibt es möglicherweise an der Abendkasse. Noch Karten erhältlich sind für die Vormittagsvorstellung am 14. Oktober um 10 Uhr, weitere Termine sind in Vorbereitung.