Erlebnis auf Magdeburgs Stadtautobahn Picknick auf dem Asphalt – Lesung auf Magdeburgs Tangente
Kultur wo sonst Autos fahren: Aus dem Magdeburger Ring wird am Mittwoch, 17. September, eine Bühne. Katja Diehl und Mario Sixtus lesen aus „Picknick auf der Autobahn“.

Magdeburg. - Magdeburgs Autofahrer sehnen sich seit Monaten danach, dass auf dem Ring der Verkehr wieder fließen kann. Doch nach Sperrung der Ringbrücken wird das noch Jahre dauern. In dieser Woche wird die in den Vorjahren vielbefahrene Tangente für einen Abend völlig anders genutzt. Unter dem Titel „Picknick auf der Autobahn“ laden Bestseller-Autorin Katja Diehl und Filmemacher Mario Sixtus am 17. September zu einer Lesung auf die B 71 ein, Höhe Auffahrt „Am Fuchsberg“. Beginn ist um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Was hat es damit auf sich?
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Magdeburg Ring als Ort der Begegnung?
Was für viele Menschen zunächst unvorstellbar klingt – eine Autobahn als Ort der Begegnung – ist bewusst gewählt. Denn Diehl und Sixtus beschäftigen sich mit der Frage, wie wir künftig ohne Auto, aber klimafreundlich und zugleich lebenswert mobil sein können. Ihr gemeinsames Buch eröffnet Zukunftsbilder: Sixtus entwirft in kurzen Erzählungen optimistische Visionen, Diehl überprüft sie als Mobilitätsexpertin auf ihre Machbarkeit im Hier und Jetzt. Entstehen soll ein Dialog, der Mut machen soll, eingefahrene Gewohnheiten zu verlassen und die Verkehrswende konkret zu denken.
Katja Diehl, Jahrgang 1973, gilt als eine der profiliertesten Stimmen der deutschen Mobilitätsdebatte. Mit ihrem Podcast „She Drives Mobility“ und ihrem Bestseller „Autokorrektur“ hat sie den Blick auf eine gerechtere, klimafreundliche Verkehrspolitik geschärft. Für ihr Engagement wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Mobilitätspreis. Ihr neues Buch „Raus aus der AUTOkratie“ ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Überwindung des Stillstands in der deutschen Verkehrspolitik.
Im Gespräch mit der Volksstimme berichtet Katja Diehl, dass sie bereits auf mehreren Autobahn-Baustellen an Podiumsdiskussionen und Gesprächen beteiligt war – eine Lesung auf einer Schnellstraße ist für sie neu. Mit Blick auch auf Magdeburg sagt sie: „Wir müssen jetzt unsere Verkehrspolitik ändern.“ Sie müsse einen Rahmen abstecken. „Ich halte es für unvertretbar, dass als Dienstwagen immer noch Verbrenner zulässig sind.“ Auch sei Deutschland in der Lage, finanzielle Anreize für Fahrgmeinschaften zu schaffen, wie dies in Frankreich funktioniert. „50 Millionen Autos sind einfach zu viel, zumal die meisten von diesen nur 45 Minuten am Tag mit einer Person bewegt werden. Was ist das für eine Ressourcenverschwendung?“
Wie könnte sich Mobilität in der Zeit nach dem Auto anfühlen?
Ihr Mitstreiter, der Berliner Journalist und Science-Fiction-Autor Mario Sixtus, ist seit Jahren damit befasst, Zukunft greifbar zu machen. Seine Filme wurden für den Grimme-Preis nominiert, in seinem ZDF-Format Elektrischer Reporter brachte er einem breiten Publikum digitale Umbrüche nahe. In „Picknick auf der Autobahn“ entwickelt er nun erzählerisch Szenarien, wie sich Mobilität in einer postfossilen Gesellschaft anfühlen könnte.
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Die Lesung ist Teil der Europäischen Mobilitätswoche und wird in Kooperation mit der städtischen Stabsstelle Klima organisiert. Sie will nicht nur informieren, sondern auch inspirieren – mit Geschichten, die Lust auf Veränderung machen. Für einen Abend wird die Tangente damit zu dem, was sie sonst nie sein darf: ein Ort zum Verweilen, Zuhören und Träumen von einer anderen Zukunft.