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Hochwasserschutz Schäfer in Magdeburg: Ein Marathon für gepflegte Deiche

Auf einer Route von gut 42 Kilometern sind Schäfer zwischen Magdeburg und Schönebeck unterwegs. Am Elbdeich erfüllen sie eine wichtige Aufgabe für den Hochwasserschutz.

Von Konstantin Kraft 26.04.2022, 12:00
Rolf Zahn und Dietmar Richter stehen mit ihrer Schafherde am Ufer der Elbe zwischen Magdeburg-Prester und Kreuzhorst.
Rolf Zahn und Dietmar Richter stehen mit ihrer Schafherde am Ufer der Elbe zwischen Magdeburg-Prester und Kreuzhorst. Foto: Konstantin Kraft

Magdeburg - Bei Wind und Wetter stehen sie draußen. Am Ufer der Elbe. Mit den Schafen. Gut 1200 Alttiere und 300 Lämmer sind in diesen Tagen am rechten Hauptdeich zwischen Prester und Kreuzhorst zu beobachten.

Die Herde gehört Rolf Zahn und Astrid Böttcher aus Zerbst sowie Dietmar Richter aus Biederitz. Was früher ganz selbstverständlich war, ist heute kaum mehr zu sehen. Es sind nur noch einige wenige Schäfer im Stadtgebiet aktiv, die von ihrem Beruf leben.

Bei den Schafen, die derzeit am Deich bei Prester weiden, handelt es sich um ostpreußische Skudden, sagt Halterin Astrid Böttcher. Diese stehen auf der Liste der bedrohten Nutztierrassen. Die wind- und wetterresistenten Tiere sind vornehmlich für die Landschaftspflege im Einsatz. Hier konkret für die Pflege der Deiche im Flussbereich zwischen Magdeburg und Schönebeck.

Boden wird verdichtet

Quasi als lebende Rasenmäher nagen sie das Gras am Damm kurz und sorgen zugleich für eine dauerhafte, dichte Narbe. Mit ihren Klauen verdichten sie zudem den Untergrund. Der sogenannte „goldene Tritt“ hat dabei dieselbe Wirkung wie eine schwere Walze, die über die Fläche gezogen wird, weiß Schafhalter Dietmar Richter. „Der Deich wird fester.“

Obendrein treten die Schafe kleine Löcher von Mäusen und Maulwürfen zu, die zu Instabilität führen könnten. Einfach nur durch ihr gefräßiges Umherlaufen schaffen die Skudden einen wichtigen Mehrwert für den lokalen Hochwasserschutz.

Gut einen Kilometer am Tag arbeitet sich Schäfer Rolf Zahn mit der Herde gegen den Strom in Richtung Schönebeck voran. Vom Pretziener Wehr aus soll es dann am Umflutkanal zurück in Richtung Magdeburg gehen. Insgesamt umfasst die Deich-Runde etwa 42 Kilometer.

Von morgens bis abends wacht der Schäfer über seine Herde. Bisweilen zehn, zwölf oder gar 14 Stunden lang. Mit dabei ist stets der Hütehund Arthur, ein altdeutscher Schäferhund.

Schafhaltung als Passion

Für die Nacht werden die Tiere dann mit einem Stromzaun eingepfercht. Parallel sorgen spezielle Herdenschutzhunde (Pyrenäenberghund und Kaukasische Owtscharka) für zusätzliche Sicherheit. Sie bellen mögliche Eindringlinge aus. In diesem Jahr habe sich der Wolf noch nicht blicken lassen. In den Vorjahren allerdings schon - mit entsprechenden Verlusten an Tieren.

Knapp 1000 Euro bekommen die Schäfer für die Pflege von einem Hektar am Deich vom Land. Das meiste Geld werde für den Unterhalt der Schafe eingesetzt. Samt dem kostspieligen Spezialfutter.

Kurzum: „Es ist eine Passion, von Wirtschaftlichkeit kann keine Rede sein“, bilanziert Schafhalter Dietmar Richter. Als auskömmliche Summe nennt er einen Betrag von 1500 Euro. Das Defizit ist wohl auch ein Grund, warum kaum noch einer Schafe halten möchte. Der Nachwuchs fehlt. „Es kommt keiner nach.“

Die, die trotz aller Widrigkeiten noch da sind, können in den nächsten Tagen und Wochen mit ihren vom Aussterben bedrohten Schafen entlang des rechten Elbehauptdeichs und später am Umflutkanal beobachtet werden. In gewisser Weise scheinen sie selbst die Letzten ihrer Art zu sein.