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TiernachwuchsHausbesuch bei Magdeburgs Tigerbaby Stormi

Mitten in Magdeburg wohnt ein echter Tiger. Die Volksstimme besuchte Stormi und ihre Pflegemutter, die das Tigerkind mit der Hand aufzieht.

Von Peter Ließmann 14.09.2017, 01:01

Magdeburg l Ralf Oppermann hält an der Wohnungstür ein Paar robuste Arbeitslederhandschuhe zur Begrüßung bereit: „Reine Vorsichtsmaßnahme“, scherzt er und schaut, ob die Besucher lange Hosen anhaben und Schuhe tragen, die nicht ganz so wertvoll sind. „Stormi liebt Schuhe.“

Seit dem 22. Juni 2017 hat das Tigerkind den Alltag von Petra und Ralf Oppermann richtig durcheinandergewirbelt. „Na klar und es ist ein 24-Stunden-Job“, sagt Petra Oppermann. Sie ist Tierpflegerin im Magdeburger Zoo und hat die Handaufzucht von Stormi übernommen.

Beim Betreten der Wohnung ist das Tigerkind erst noch vorsichtig, bleibt dicht bei seiner Ziehmutter. Aber nach kurzer Zeit besiegt die Neugier die Zurückhaltung und die Besucher werden von Stormi abgeschnuppert und stürmisch nach Katzenart begrüßt.

Und die kleine Tigerin erobert die Herzen der Besucher im Sturm. Wobei „klein“ natürlich relativ ist, denn mit rund 13 Wochen ist Stormi schon dreimal so groß wie eine ausgewachsene Hauskatze.

Jetzt ist sie aber noch ein niedlicher Stubentiger. Ihr Fressnapf steht in der Küche, ihr Lieblingsplatz ist ein Wohnzimmersessel, gern liegt sie auch zwischen den Oppermanns auf dem Familiensofa. „Sie kann ordentlich ruppig werden beim Spielen, aber auch richtig schmusig sein“, erzählt Petra Oppermann.

Zwischendurch muss Stormi immer mal wieder erzogen werden. „Man darf nicht vergessen, dass sie bereits richtige Krallen hat und ihre Milchzähne ziemlich spitz sind.“

Übrigens: Bis auf ein paar erkennbare Vorsichtsmaßnahmen sieht es bei den Oppermanns zu Hause ganz normal aus, das Tigerkind hat die Wohnung nicht verwüstet. „Was sie kaputt gemacht hat, hält sich wirklich in Grenzen.“ Stormi „pullert“ nicht in der Gegend herum, sondern auf ein spezielles saugfähiges Papiervlies, und sie verbreitet keinen Stallgeruch. Wie alle Katzenjungen rast Stormi gern mal „wie von der Tarantel gestochen“ durch die ganze Wohnung. Pure Lebenslust.

Dabei musste sich das Tigerkind buchstäblich ins Leben „schreien“. Geboren wurde Stormi am 22. Juni 2017, kurz vor dem großen Sturm. Die Tigermutter hat sie und ihren Bruder allerdings nicht angenommen. „Wir wussten, dass die Geburt kurz bevorsteht. Als es dann passiert war, haben wir gleich gemerkt, dass etwas nicht stimmt“, erzählt Petra Oppermann.

Stormis Bruder konnte schnell gefunden werden, er steckte aber noch in der Fruchtblase, konnte sich nicht daraus befreien und ist verstorben. „Und dann hörte ich ein lautes Schreien weiter hinten im Gehege und fand das Neugeborene.“ Schnell war klar: Das Tigerbaby musste mit der Hand aufgezogen werden, um es zu retten.

Von dieser schwierigen Geburt ist bei Stormi aber nichts mehr zu erkennen. Quicklebendig ist das Tigerkind. „Vom Temperament her ist sie ziemlich ausgeglichen, und sie ist sehr neugierig.“

Einmal pro Woche wird das Tigerkind vom Zoo-Tierarzt untersucht. „Am Anfang ist er zu uns gekommen, jetzt fahren wir zu ihm.“ Und die „Frau mit dem Tiger“ sorgt dann immer für Aufsehen. „Die Leute erkennen ja nicht gleich, dass Stormi ein Tiger ist. Und wenn, dann möchte natürlich jeder sie streicheln.“

Und noch eine schöne Anekdote kann Petra Oppermann erzählen. Als sie das Tigerbaby mit in den Urlaub genommen hatten, hat Petra Oppermann sich vorsichtshalber gleich beim örtlichen Tierarzt gemeldet. „Es kann ja immer mal etwas passieren und man braucht schnell einen Tierarzt, der darauf vorbereitet ist, ein Tigerbaby zu behandeln. Als ich dem Arzt gesagt habe, dass es sich um einen Tiger handelt, hat der erst gedacht, dass es sich um einen Telefonstreich eines Radiosenders handelt. Sehr lustig!“

Petra Oppermann vergisst aber keinen Augenblick, dass es sich bei Stormi um einen Tiger, um eine Raubkatze handelt. Tiger sind nicht wie Hauskatzen domestiziert, sie haben ausgeprägte Instinkte, die sich immer durchsetzen. „Wir müssen Stormi langsam von uns wieder abnabeln, denn Tiger werden nicht handzahm. Zwar wird Stormi, wenn sie erwachsen ist, mich immer wiedererkennen, und ich kann sie mit Sicherheit auch dann noch streicheln, aber dann nur durch ein schützendes Gitter hindurch. Es ist immer viel besser, wenn Tigerkinder von ihren Müttern aufgezogen werden. Das ist der natürliche und richtige Weg. Bei Stormi hat das leider nicht funktioniert.“

Der Abnabelungsprozess läuft bereits. Die Oppermanns fahren jeden Tag mit Stormi in den Zoo Magdeburg und gewöhnen sie an ihr späteres Zuhause. „Zu unseren anderen Tigern, ihren Eltern, kann sie nicht, die würden sie nicht anerkennen und wegbeißen“, sagt Petra Oppermann. Darum bekommt Stormi ein eigenes Gehege.

Mit jedem Tag wird sie dort etwas länger allein gelassen. Und dann wird sie eines Tages auch dort übernachten, und nicht mehr in die Wohnung der Oppermanns zurückkehren. „Das tut einem dann natürlich in der Seele weh, weil sie am Anfang auch nach uns rufen wird. Aber das muss dann leider sein. Diese Phase ist für alle immer die schwierigste bei Handaufzuchten, aber es gibt keine andere Möglichkeit.“

Über viele Wochen war das Tigerkind Teil der Familie. Die Oppermanns haben Stormi in ihre Herzen geschlossen, sich auch manchmal Sorgen um sie gemacht. Am Anfang alle zwei Stunden gefüttert und darum kaum eine Nacht durchgeschlafen. Sie haben miterlebt, wie Stormi sich prächtig entwickelt. „Wenn sie weg ist, wird sie uns fehlen“, sagt auch Ralf Oppermann.

Schon jetzt vorausblickend sagt Petra Oppermann, dass sie die Handaufzucht eines Tigerbabys auch wieder übernehmen würde. „Ich habe selbst dabei viele gute Erfahrungen und vor allem viele Beobachtungen aus allernächster Nähe über das Verhalten von Tigerjungen machen können. Nur sollte es vielleicht nicht innerhalb der nächsten zwei Jahre passieren“, lächelt Pflegemama Petra Oppermann.