Einkaufen "Fast wie zu DDR-Zeiten"

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind auch im E-Center in Schönebeck zu spüren.

Von Jan Iven 18.03.2020, 00:01

Schönebeck l Das Klopapier ist am Dienstagmorgen beim DM-Drogeriemarkt im Salzer Park schon nach zwei Stunden ausverkauft. „Dabei haben wir die Menge schon auf zwei Packungen pro Kunde beschränkt“, erzählt eine Verkäuferin. Und selbst das habe schon zu einigen Diskussionen mit der Kundschaft geführt. Erst am Morgen hatte der Laden eine Lieferung von zwei Paletten Toilettenpapier bekommen. Die nächste Lieferung kommt wohl erst in einer Woche. Dabei könnte derzeit sicher sehr viel mehr verkauft werden.

„Die Leute sind doch bescheuert“, schimpft ein Kunde auf dem Parkplatz vor dem E-Center an der Stadionstraße, der gerade seine Einkäufe in den Kofferraum seines Wagens räumt. „Was wollen die denn bloß mit dem ganzen Klopapier?“ Sogar das Hundefutter werde inzwischen knapp. Zumindest konnte der Mann nicht mehr die übliche Marke für seinen Dackel kaufen. Stattdessen gibt es nun etwas anderes. Der Hund sei nicht anspruchsvoll, sagt er.

Nach Toilettenpapier hat der Rentner gar nicht erst geschaut. Es hätte sowieso keines mehr im Supermarkt gegeben. Außerdem habe er noch genug zu Hause. Ist er also einer dieser berüchtigten Hamsterkäufer? Nein, nein, versichert er. Er habe zuletzt auch nur eine Packung gekauft. Das Erstaunliche: In diesen Zeiten regen sich alle über Hamsterkäufer auf. Aber niemand hamstert selbst. Oder gibt es zumindest öffentlich zu. Hamster sind immer die anderen.

Milch ist auch gerade nicht leicht zu finden, zumindest die haltbare H-Milch, wie mehrere Kunden berichten. Frische Milch hingegen gibt es ausreichend. Roland Schäfer aus Wespen konnte noch ein Paket H-Milch bei Edeka ergattern. „Die ist aber laktosefrei und fast dreimal so teuer wie normale H-Milch“, sagt der 59-Jährige. Auch eine Packung haltbaren Milchkaffee hat er zur Not noch mitgenommen. Man wisse ja nie. „Es ist fast ein bisschen wie zu DDR-Zeiten. Man kauft, was man eben kriegen kann“, sagt er. Ein bisschen übertrieben findet er die „Panik“ bei manchen Leuten aber schon, wie er sagt. Letztendlich würde man alles noch kaufen können, wenn man etwas sucht.

Bei der Öffentlichkeitsarbeit von Edeka ist man derzeit etwas zugeknöpft. Man wolle die Arbeit der Mitarbeiter nicht stören, heißt es aus der Pressestelle in Minden. Die hätten nämlich alle Hände voll zu tun. Die Öffnungszeiten der Supermärkte wurden bereits um zwei Stunden auf 20 Uhr verkürzt, damit die Regale danach wieder eingeräumt werden können. Derzeit werden auch schon mögliche Sonntagsöffnungszeiten geprüft, für den Fall, dass das Ladenschlussgesetz wegen der Krisensituation wie angekündigt ausgesetzt werden sollte.

Im E-Center in Schönebeck sind unterdessen bereits tagsüber einige Mitarbeiter fleißig dabei, die Regale wieder aufzufüllen. Nur das Regal mit dem Toilettenpapier bleibt an diesem Tag leer. Einige Kassiererinnen tragen Handschuhe aus Latex, offenbar, um sich vor Keimen zu schützen. So auch eine Verkäuferin beim Bäcker im Salzer Park: „Manche Kunden husten in ihre Hand und geben mir dann ihr Kleingeld. Da trage ich lieber Handschuhe.“

In der Kosmosapotheke will man sogar noch weiter gehen. „Wir bekommen in der nächsten Woche eine Glasscheibe vor die Kasse, damit wir geschützt werden“, sagt Apotheken-Mitarbeiterin Susann Saltner. Ein bisschen Sorgen macht sie sich wegen der vielen hustenden Kunden schon. Besonders groß sei derzeit die Frage nach Desinfektionsmitteln. Aber reicht bei der Corona-Grippe nicht eigentlich schon einfaches Hände waschen mit warmem Wasser und normaler Seife? „Da mag schon sein. Aber die Leute wollen es trotzdem habe“, sagt sie.

Das Reisebüro im Salzer Park ist an diesem Tag zwar von Mitarbeiterinnen besetzt, doch die Tür ist abgesperrt. Daran hängt ein Zettel mit der Überschrift „Gemeinsam stark in außergewöhnlichen Situationen“. Man verzichte in diesen Tagen aus Sicherheitsgründen weitestgehend auf direkten Kundenverkehr. Anfragen zu Flugstreichungen, Stornierungen und sonstigen mögen die bitte telefonisch oder per E-Mail stellen.

Andere Geschäfte im Salzer Park an der Stadionstraße wie der Friseur, ein Schuhgeschäft oder eine Modeboutique haben zwar geöffnet, doch so gut wie keine Kunden.

Und dann, zur großen Überraschung, huscht doch noch eine junge Frau mit einem Paket Toilettenpapier über den Parkplatz vor dem Salzer Park. Wo sie das denn her habe? Ganz normal im Laden gekauft, sagt sie.