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Schulranzen-Check Jeder Zweite hat Übergewicht

Die Statistik ist alarmierend: Jeder zweite Schulranzen ist zu schwer. Das hat ein Check in einer Stendaler Grundschule bestätigt.

Von Regina Urbat 05.02.2020, 00:01

Stendal l Mit dem Eintritt in die Schule beginnt für die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes eine Buckelei. Der neue Lebensabschnitt ist nun entscheidend davon mit geprägt, tagein, tagaus den Ranzen in die Schule zu tragen. Die Schlepperei auf dem Weg dorthin wird den meisten Mädchen und Jungen dank der Elterntaxen zwar erspart, die Belastung über viele Jahre dennoch nicht.

„Damit ihr nicht solch einen Buckel wie die Hexe bekommt, ist es wichtig, dass euer Schulranzen nicht zu schwer ist und beim Tragen auf dem Rücken richtig sitzt“, sagt Stephanie Träbert. Sie ist am gestrigen Dienstag mit ihrem Mitarbeiter Lasse Kröger in die Grundschule Nord in Stendal gekommen und führt in den ersten Klassen einen Schulranzen-Check durch. Die einleitende Mahnung weckt die Aufmerksamkeit der Kinder. Gespannt warten sie auf ihren Test.

Jeder zweite Ranzen ist am Ende zu schwer, was weder die Klassenlehrerin der 1A, Yvonne Hoffmann, noch die beiden Mitarbeiter des Instituts für Gesundheitsförderung und Sport überrascht. Das Duo ist im Auftrag der AOK in den Schulen in Sachsen-Anhalt unterwegs und weiß: Die Erstklässler der Grundschule Nord in Stendal sind keine Ausnahme. „Es ist generell das Problem, dass die Ranzen sehr häufig dem empfohlenen Gewicht nicht entsprechen“, sagt Lasse Kröger. Als Faustformel gelte, dass der mit allen Büchern bestückte Ranzen höchstens zehn bis maximal 15 Prozent des Körpergewichts des Kindes wiegen sollte. 

Ein Mädchen stellt ihren Ranzen auf die Wage. „4,8 Kilogramm, das ist viel“, sagt Stephanie Träbert, um nach dem Wiegen des Kindes festzustellen: „Das ist viel zu viel bei deinem Körpergewicht von 24,5 Kilogramm.“ Ihr individuelles Höchstgewicht für den Ranzen von 3,7 Kilogramm wird auf einer Check-Plakette vermerkt und auf den Ranzen aufgeklebt.  So können die Eltern zu Hause das Gewicht besser überprüfen, erläutert Stephanie Träbert.

In der Regel seien die Ranzen bis zu einem Kilogramm zu schwer. Einige wiegen sogar mehr als fünf Kilogramm und übersteigen bei einem Körpergewicht von durchschnittlich  24 Kilogramm das Optimalmaß um zwei Kilogramm. Beim Betrachten der Schultaschen wird hin und wieder schnell die Ursache für das Übergewicht ausgemacht. „Viele Kinder haben eine oder sogar zwei große Trinkflaschen eingepackt. Das wiegt“, sagt die Pädagogin Yvonne Hoffmann. Zwar seien in der Schule zwei Trinkbrunnen vorhanden, doch nicht jeder mag nur Wasser, fügt sie verständnisvoll hinzu.

Die Schule selbst hat längst auf das Übergewicht von Ranzen reagiert. Es müssen nur die Hefte und Bücher mitgenommen werden, die für die Hausaufgaben benötigt werden. Das andere Material könne in der Schule bleiben. Ablagen und Schränke seien entsprechend in den Klassenräumen dafür vorhanden, erklärt die Pädagogin. Wenig Einfluss hätten sie und ihre Kollegen darauf, dass die Kinder oftmals Spielzeug mit in die Schule bringen und somit zusätzlichen Ballast mit sich tragen. Besonders beliebt sind die Freunde-Bücher, früher Poesie-Album genannt.

Bei der Kontrolle der Tragegurte geben Stephanie Träger und Lasse Kröger den Mädchen und Jungen immer wieder Tipps, wie sie ihren Rücken stärken können, um die Wirbelsäule zu schonen. Oder, um bei der Hexe zu bleiben, „bei der Buckelei keinen Buckel bekommen“. Das Zauberwort heiße Training. „Regelmäßig Sport und Bewegung sollte für Kinder zum Alltag gehören“, sind sich die Experten einig. Ebenso, dass das Belastungsproblem Schulranzen nicht nur Erstklässler betrifft.

Die von der AOK angebotenen Schulranzen-Checks sind bislang den ersten Klassen vorbehalten. „Wir werden die Anregung, auch ältere Jahrgänge einzubeziehen, mitnehmen“, versichert das Duo. Aus ihrer Sicht würden Kinder oftmals zu früh einen ergonomisch perfekt geformten Ranzen gegen einen Rucksack tauschen.  Sicher finden sie es cooler, wenn die Schultasche weit herunterhängt – gesund für den Rücken „ist das aber gewiss nicht“.