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Gedenken an die schrecklichen Folgen des Nazi-Regimes Gegen Hass und Intoleranz: Warum Zerbst die Pogrome von 1938 nicht vergisst

Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann fordert eine kritische Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart.

Von Daniela Apel 09.11.2025, 17:45
Gymnasiasten des Francisceums verlasen anlässlich des Pogromgedenkens in  Zerbst Namen und Schicksale jüdischer Zerbster Bürger, die den Rassenhass der Nazis nicht überlebten.
Gymnasiasten des Francisceums verlasen anlässlich des Pogromgedenkens in Zerbst Namen und Schicksale jüdischer Zerbster Bürger, die den Rassenhass der Nazis nicht überlebten. Foto: Daniela Apel

Zerbst. - An ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte wurde am 9. November in Zerbst erinnert: an die durch das Nazi-Regime initiierten Pogrome im November 1938. Der geschürte Hass führte auch in der Rolandstadt dazu, dass die Synagoge geschändet, geplündert und verwüstet wurde, ebenso wie die jüdischen Geschäfte und Wohnungen. Es war der Anfang vom Ende der jüdischen Gemeinde in Zerbst. Im Dezember 1942 erfolgte die Deportation der letzten verbliebenen Kinder, Frauen und Männer.

Ihre Namen verlasen Schüler des Gymnasiums Francisceum bei der mahnenden Gedenkveranstaltung am Gegendenkmal zum Schmährelief der Judensau an der Kirchenruine St. Nicolai. „Dieser Ort fordert uns heraus, uns ganz bewusst mit unserer Geschichte auseinanderzusetzen“, so Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD). Die Sandsteinplastik stehe für einen über Jahrhunderte traditierten Antisemitismus, die zerstörte Kirche für die verheerenden Folgen des Nationalsozialismus. Das Denkmal wiederum verdeutliche, „was zu unseren Grundsätzen zählen muss: Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Zu den bereits verlegten Stolpersteinen in Zerbst sollen weitere hinzukommen

Die heutigen Generationen seien nicht verantwortlich für die damalige Verfolgung und millionenfache Ermordung der Juden. „Wir tragen aber die Verantwortung dafür, dass es keine Wiederholung solcher Entwicklungen gibt“, betonte Dittmann. Er appellierte, aktuelles Geschehen kritisch zu hinterfragen und sich mit den Hintergründen zu beschäftigen. Die Radikalisierung des öffentlichen Diskurses, die Martialisierung der Sprache seien Elemente zur Zerstörung von Toleranz und Akzeptanz für andere Kulturen, Lebensentwürfe und Rollenbilder.

Lesen Sie auch: Über das wechselhafte jüdische Leben in Zerbst: Von der Vernichtung einer Gemeinde bis zu den heutigen Spuren

Pfarrer Lutz-Michael Sylvester (l.) und Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) sprachen beim Pogromgedenken in Zerbst.
Pfarrer Lutz-Michael Sylvester (l.) und Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) sprachen beim Pogromgedenken in Zerbst.
Foto: Daniela Apel

„Antisemitismus, Ausgrenzung und Menschenverachtung wachsen dort, wo Menschen schweigen, wenn andere gedemütigt werden“, sagte Pfarrer Lutz-Michael Sylvester. Nie wieder solle Unrecht das letzte Wort behalten. Die Namen der ermordeten Zerbster Jüden dürften nicht verstummen, denn sie mahnen dazu.

Am Gegendenkmal zum Schmährelief der Judensau an der Ruine der Zerbster Nicolaikirche wurde der Novemberpogrome 1938 gedacht
Am Gegendenkmal zum Schmährelief der Judensau an der Ruine der Zerbster Nicolaikirche wurde der Novemberpogrome 1938 gedacht
Foto: Daniela Apel

Als Sinnbild gegen das Vergessen werden auch in Zukunft Stolpersteine verlegt. Insgesamt 41 dieser Gedenktafeln aus Messing finden sich bereits an 13 verschiedenen Stellen in der Stadt. Es handelt sich um die letzten Wohnadressen jüdischer Bürger, die den Rassenhass nicht überlebten. Am 27. Januar 2026, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, sollen im Besein von Nachfahren aus Zerbst stammender jüdischer Familien weitere Stolpersteine verlegt werden, informierte Dittmann.