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EU-Bericht Immer mehr Polen zweifeln an Unabhängigkeit ihrer Justiz

Seit Jahren setzt die polnische Regierung die Justiz unter Druck. Das wirkt sich einem Bericht der EU-Kommission zufolge negativ auf das Vertrauen der Bürger in den Justizapparat aus. Aber auch in anderen EU-Ländern ist die Lage alarmierend.

26.04.2019, 12:33

Brüssel (dpa) - Immer mehr Polen zweifeln einem Bericht der EU-Kommission zufolge an der Unabhängigkeit heimischer Richter und Gerichte.

Jeder zweite Pole hält die Situation für "sehr schlecht" (20 Prozent) oder "ziemlich schlecht" (30 Prozent), wie aus dem am Freitag in Brüssel veröffentlichten EU-Justizbarometer hervorgeht. "Das spiegelt unsere Bedenken mit Blick auf die Justiz in Polen wider", sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourová.

Deutschland steht im EU-Vergleich auf einem der vorderen Plätze in der Rangliste. 22 Prozent halten die Lage hierzulande für "sehr gut", 52 Prozent für "ziemlich gut".

Vor zwei Jahren hatten laut Bericht noch deutlich weniger Polen die Situation der heimischen Justiz negativ bewertet. 2017 nahmen 11 Prozent der Befragten die Unabhängigkeit von Richtern und Gerichten als "sehr schlecht" wahr, 26 Prozent als "ziemlich schlecht". Polens nationalkonservative PiS-Regierung hat die Justiz des Landes in den vergangenen Jahren umfassend reformiert - und sich diese Kritikern zufolge unterstellt. Die EU-Kommission hat deshalb mehrere Sanktionsverfahren gegen das Land eingeleitet.

Dem Bericht der Brüsseler Behörde zufolge ist in Polen auch die Besetzung jenes Gremiums, das über Disziplinarstrafen gegen Richter entscheidet, ungewöhnlich. Polen ist demnach das einzige Land in der EU, in dem der Justizminister über die Besetzung dieses Gremiums entscheidet. Jourová sprach von einer "außerordentlichen Macht" des Ministers.

Doch auch in anderen Ländern haben Bürger Zweifel an der Unabhängigkeit ihrer Justiz. In Kroatien antworteten 76 Prozent mit "ziemlich schlecht" oder "sehr schlecht", in der Slowakei waren es 60 Prozent, in Bulgarien 58 Prozent. Im EU-Schnitt liegt der Wert bei 33 Prozent. "Es gibt immer noch zu viele EU-Bürger, die ihre Justizsysteme nicht als unabhängig betrachten", sagte Jourová.

Viele Befragte äußerten zur Begründung, die eigene Regierung übe ihres Erachtens starken Druck aus oder mische sich zu sehr ein. Zudem übe etwa die Wirtschaft Druck auf die Justiz aus.

Mitteilung der EU-Kommission