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Innenminister Stahlknecht zielt auf Mitte-Rechts

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht kandidiert für den CDU-Parteivorsitz. Wie es dazu kam, erzählt er im Interview.

Von Michael Bock 29.11.2017, 00:01

Die CDU hat bei der Bundestagswahl kräftig Federn gelassen. Was muss künftig besser laufen?
Holger Stahlknecht:
Wir brauchen klarere Konturen und mehr Erkennbarkeit. Wir müssen uns deutlicher von anderen Parteien abgrenzen. Die Demokratie lebt von einem Spannungsverhältnis aus Köpfen und Ideen, sie lebt auch von Polarisierung.

Was meinen Sie konkret?
Wir müssen die Sorgen der Menschen ernster nehmen, etwa beim Thema Zuwanderung. Die CDU hat sich dieser Diskussion zu selten gestellt. Wer in der Flüchtlingsfrage auf berechtigte Bedenken der Menschen hinweist, muss mittlerweile damit rechnen, gleich in die rechte Ecke gedrängt zu werden. So kann man mundtot gemacht werden. Wir haben zu lange geschwiegen und ein gesellschaftliches Vakuum entstehen lassen. Man muss Dinge sagen dürfen, ohne in den Verdacht zu geraten, man sei intolerant. Es muss möglich sein, andere Meinungen mit gegenseitigem Respekt auszuhalten und sich mit ihnen offensiv auseinanderzusetzen. Die CDU hat rechts der Mitte zu viel Platz gelassen und der AfD Raum gegeben. Wir müssen die Wähler der AfD zurückgewinnen.

Wie soll das gelingen?
Momentan gibt es Parteien, vor allem die Grünen und die Linken, die Moral und Ethik von oben verordnen wollen. Das führt bei vielen Menschen zu Verdruss. Es vergrößert die Kluft zwischen ihnen und der Politik, weil die Lebenswirklichkeit der Mehrheit der Bevölkerung eine andere ist, als im Elfenbeinturm per Parteitagsbeschluss herbeidiskutiert und gewünscht. Es kann doch beispielsweise nicht sein, dass heutzutage erst etwas chic ist und ein neues Ideal zu sein scheint, wenn der Familienvater mit dem staatlich geförderten Elektro-Fahrzeug beim Biobauern für die Patchwork-Familie einkaufen geht. Ich habe nichts dagegen, das ist aber nicht der Alltag in unserem Land. Es ist mittlerweile der Eindruck entstanden, dass Politik sich nur noch um Probleme von Minderheiten in der Bevölkerung kümmert, nicht aber um die der überwiegenden und teilweise schweigenden Mehrheit.

Was sind denn Probleme der überwiegenden Mehrheit?
Die Menschen wollen vor allem sicher leben. Es ist zeitweise zu Recht der Eindruck entstanden, dass der Rechtsstaat nicht mehr funktioniert. Unsere Bürgerinnen und Bürger wollen einen durchsetzungsstarken Rechtsstaat, dass jemand Führungsverantwortung übernimmt und sie wollen die Sprache der Politiker verstehen. Sie wünschen sich klare Entscheidungen und keine verwässerten Kompromisse. Das gilt übrigens auch für unsere Partei. Unsere Mitglieder müssen mehr als bisher gehört und mitgenommen werden.

Wie das?
Die Parteimitglieder sollen mehr mitdiskutieren und mitgestalten können. Sie sollen nicht das Gefühl haben, dass man sich nur in einem engen Korsett bewegen kann. Eine Volkspartei wie die CDU muss unterschiedliche Strömungen aushalten und in einem offenen Diskurs um beste Lösungen für unser Land ringen.

Was halten Sie konkret für möglich?
Ich stelle mir eine Dialogreihe vor. Davon verspreche ich mir einen besseren Kontakt zur Parteibasis. Wir müssen mit den Orts- und den Kreisverbänden häufiger und intensiver zu aktuellen Themen ins Gespräch kommen. Vorstellbar ist auch, dass wir in der Partei künftig Mitgliederentscheide zu bestimmten Sachfragen ermöglichen. Und wir müssen stärker junge Leute fördern. Ich selbst werde deshalb im nächsten Jahr den Kreisvorsitz in der Börde in jüngere Hände legen. Wir müssen in der CDU den Generationenwechsel hinbekommen.

Gilt das auch für die Landespartei?
Ja.

Thomas Webel ist seit 2004 Parteichef. Im nächsten November wählt die CDU einen neuen Vorstand. Werden Sie etwa für den Parteivorsitz antreten?
Ja, ich werde für den Landesvorsitz kandidieren.

Wieso entscheiden Sie sich gerade jetzt zu diesem Schritt?
Ich habe mir das lange und reiflich überlegt. In letzter Zeit bin ich von vielen Parteimitgliedern gebeten worden, mehr Verantwortung im Landesverband zu übernehmen. Das möchte ich künftig tun. Ich trete also an, mit offenem Visier.

Thomas Webel hat lange offengehalten, ob er im November 2018 wieder für den Parteivorsitz kandidiert. Am Dienstagabend hat er im Landesvorstand seinen Verzicht erklärt. Wie kam es dazu?
Wir haben das in einem sehr vertraulichen Gespräch beredet. Das lief alles harmonisch ab. Thomas Webel hat sich als Landesvorsitzender in den letzten 13 Jahren um die Partei sehr verdient gemacht, unsere Wahlerfolge seit 2004 werden immer auch mit seinem Namen verbunden sein

Ist der angestrebte Landesvorsitz ein Schritt hin zur möglichen Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2021?
Nein. Es geht mir darum, die Partei weiter zukunftsfähig auszubauen. Und ich möchte, dass wir zunächst die Kommunalwahl 2019 klar gewinnen.

Kommentar "CDU gerät in Bewegung" zum Thema.