Lübs Von Edinburgh bis Montreal - Dorf bei Magdeburg wird weltbekannt
Lübs hat zwar nur 320 Einwohner. Doch überall in der Welt tauchen Sticker auf, die auf das kleine Dorf im Jerichower Land verweisen. Was hinter der kuriosen Aktion steckt.

Lübs - Wer in Edinburgh in Schottland in eine angesagte Kneipe geht, durch das Brandenburger Tor in Berlin wandelt, den Sulphur Mountain im Banff-Nationalpark in der kanadischen Provinz Alberta besteigt oder auch den Großen Arber, den höchsten Berg im Bayerischen Wald, erklimmt, kommt um Lübs nicht herum. Wohin man kommt, gelbe Sticker, also Aufkleber, werben für den kleinen Ort mit seinen knapp 320 Einwohnern und machen ihn so weltberühmt.
Hat Lübs etwa eine gut durchdachte Werbeoffensive gestartet, um Touristen von den Vorzügen eines Besuchs zu überzeugen und in den Ort zu locken? Nun ja, die Geschichte hinter den Stickern ist noch etwas kurioser und geht bis in das Jahr 2019 zurück. Ein ungeplantes Malheur hat dazu geführt, dass Lübs in absehbarer Zeit weltweit in aller Munde sein wird. So jedenfalls der Plan von vier Studienfreunden.
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Auf Lübser Bahnhof gestrandet
Michael, Tobias, Finn und Lukas waren beim Gommeraner Gurkenmarkt am Sonntag kaum zu übersehen. Schwarze T-Shirts mit großformatigen Aufdrucken des Lübser Ortseingangsschildes sorgten für Staunen. Vor allem, wer sind diese jungen Herren? In Lübs kennt doch jeder jeden. Doch diese vier - unbekannt.
„Alles fing 2019 an“, erzählt Lukas. „Wir haben alle das Gleiche studiert - allerdings an unterschiedlichen Orten - und sind damals nach Dessau zu einen Studententreffen gefahren.“
Etwa 20 Studenten der Geodäsie trafen sich auf dem Hauptbahnhof in Magdeburg, um mit der Regionalbahn nach Dessau zu fahren. „Bei uns im Abteil war allerdings die Toilette defekt“, berichtet Tobias weiter.
„Wir hatten die Idee, dass einer beim nächsten Stopp aussteigt, in das nächste Abteil rennt und schaut, ob dort die Toilette funktioniert. Währenddessen sollten zwei andere in der Zeit die Tür des Waggons aufhalten, damit man ohne Probleme wieder zurück kommt. Das hat leider nicht so gut geklappt“, sagt Tobias und lacht.
Ein klein wenig Alkohol sei auch im Spiel gewesen. Studenten halt – auf Studienfahrt. Man hätte natürlich auch so von Waggon zu Waggon gehen können. Aber es sollte schnell gehen - und ein wenig Nervenkitzel ist ja auch nicht schlecht. Genau dabei hat's Tobias dann erwischt.

Die Türen des Zuges schlossen sich. Sein Kommilitonen konnten ihm nur noch lachend aus dem abfahrenden Zug zuwinken. Tobias - gestrandet in Lübs.
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Lübs-Botschafter kehren zum Ursprung zurück
Lübs ist vieles, aber - das muss man zugeben - kein klassisches Ausflugsziel für gestrandete Geodäsie-Studenten. „Vermessen habe ich nichts, aber ich bin ein bisschen durch den Ort gelaufen und habe mir auch die Kirche angeschaut. So ganz angenehm war es nicht. Ich hatte nur ein T-Shirt an. Es waren aber nur zehn Grad bei Nieselregen“, erzählt Tobias von seiner Odyssee. Nach einer Stunde kam der nächste Zug, Tobias wurde in Dessau feiernd und lachend begrüßt.
„Seit dem hat sich das ein wenig aufgeschaukelt, die Geschichte wird immer wieder herausgeholt und Witze darüber gemacht. Dann kam eins zum anderen. Wir haben T-Shirts gemacht und 2500 Aufkleber“, erzählt Tobias.
Genau jene 2500 Aufkleber verteilen sie nun bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Deutschland, Europa und der ganzen Welt.
Aus dem Internet haben sie vom Rock am Rathaus und dem Gurkenmarkt erfahren. „Da war schnell klar, dass wir Lübs und Gommern besuchen werden. Zurück zum Ursprung sozusagen“, sagt Michael. Und sie haben es nicht bereut. Die Großstädter aus Köln, Göttingen, Flensburg und Mönchengladbach zeigen sich beeindruckt vom Kleinstadtleben.

„Wir hätten niemals gedacht, dass hier so viel los ist. Echt der Wahnsinn“, ist Finn begeistert. „Wir haben bei Hellfire in vorderster Reihe abgerockt und viele nette Menschen kennengelernt.“
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Bürgermeister freut sich über Werbung
Da hatten sie ihre Lübs-T-Shirts allerdings noch nicht an. „Man weiß ja als Auswärtiger nicht, wie hier die Stimmung unter den Orten ist und man in Gommern eventuell Ärger bekommt, wenn man sich als Lübser zu erkennen gibt“, sagt Finn und lacht.
Dass diese Sorge unbegründet ist, zeigte der nächste Tag. Die wandelnden Lübs-Werbetafeln mischten sich unter das Gurkenmarkt-Volk. Finn und Michael gewannen sogar den Gurkenschälwettbewerb.
In Lübs sind sie allerdings nicht untergekommen. „Wir wissen nicht, ob es da Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Daher haben wir unsere Zelte auf dem Campingplatz am Plattensee aufgeschlagen. Und auch da: alles perfekt“, freut sich Lukas.
„Eine echt tolle Aktion der vier Jungs“, freut sich der Lübser Bürgermeister Burkhard Rehse. „Wenn sie dann alle ihre 2500 Aufkleber verteilt haben, können wir sie ja mal zu einer Veranstaltung nach Lübs einladen. Das dürfte lustig werden“, sagt er und lacht.