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Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Keine Minute Magdeburg bereut

Petra Schneider lehrt und forscht an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Ihre Liebe zu Magdeburg erklärt sie allerdings ganz unwissenschaftlich.

27.07.2025, 17:30
Petra Schneider, Hochschule Magdeburg-Stendal.
Petra Schneider, Hochschule Magdeburg-Stendal. Pro Magdeburg

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Hier Petra Schneider, Professorin an der Hochschule Magdeburg-Stendal.

Die Erinnerungen von Petra Schneider an den Mauerfall am 9. November 1989 sind an ein Foto aus dieser Zeit geknüpft. Es zeigt die Professorin für Internationale Wasserwirtschaft des Fachbereichs Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit an der Hochschule Magdeburg-Stendal kurz nach diesem historischen Tag gemeinsam mit vier Kommilitonen und Kommilitoninnen.

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Offensichtlich überglücklich hielten sie auf dieser analogen Schwarz-Weiß-Fotografie ihre Ausweise mit dem kurzzeitig noch benötigten Stempel für die BRD in die Kamera. „Ich war zu dieser Zeit am Anfang meines Studiums an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg“, erzählt die gebürtige Lausitzerin. „Als wir im Radio von der Maueröffnung hörten, sind wir gleich zur Polizei.

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Und da wurde seinerzeit gestempelt und gestempelt. Das war ein Massenansturm. Erst haben sie noch 20 Mark genommen, dann haben sie das Geldkassieren aus Zeitgründen eingestellt.“ Sie waren „Stolz wie Bolle“, sagt die Diplom-Geologin. „Wir sind dann gleich rüber in den Westen.“ Jener „mysteriöse“ Teil Deutschlands, der für Petra Schneider und die anderen „hinter dem Zaun“ lag und eine große Unbekannte war.

Geboren in Hoyerswerda

Petra Schneider wird 1970 in Hoyerswerda geboren, das heute in Sachsen liegt. Noch zu DDR-Zeiten absolvierte sie eine duale Ausbildung zur Geologiefacharbeiterin mit Abitur beim VEB Braunkohlenbohrungen und Schachtbau Welzow. „Ich habe als junges Mädchen auf der Bohranlage gewohnt und Erkundungen gemacht“, beschreibt sie die Zeit damals.

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„Vom VEB aus wurde ich dann zum Studium delegiert.“ Nach der Wende erhielt sie die Auflösung des Delegierungsvertrags. Das Geologie-Studium in Freiberg lief unter den neuen Bedingungen weiter. „Parallel erwarb ich dann noch Abschlüsse als geowissenschaftliche Fachübersetzerin für Russisch, Englisch und Spanisch.“

Diplom in der Tasche

1994 hat sie ihr Diplom in der Tasche, ihre Arbeit drehte sich um das Thema Uranbergbausanierung. Eine Expertise, die die junge Frau kurz danach bis 1996 nach Bayreuth in Bayern verschlug. In den Folgejahren machte Petra Schneider vieles; ihr Know-how über Uranbergbausanierung und Braunkohlebergbausanierung war gefragt.

„Ich war 20 Jahre in der Wirtschaft, davon acht Jahre mit mehreren Partnern im eigenen Ingenieurbüro in Chemnitz“, berichtet sie. Erste Hochschulluft schnupperte Petra Schneider 1999 in Zittau, wo sie Gastdozentin war. „Das hat mir gut gefallen und ich hatte das langfristige Ziel, an eine Hochschule für angewandte Wissenschaften zu gehen.“ 2006 promovierte sie berufsbegleitend an der Bergakademie Freiberg. Ihr Spezialgebiet: Hydrogeologie.

Beworben und angenommen

2015 bewarb sich Petra Schneider erfolgreich auf eine Stellenausschreibung der hiesigen Hochschule. „Ich las ‚Professorin für Internationale Wasserwirtschaft‘ und dachte: Hey, das muss für mich sein.“ Seitdem leitet sie den Masterstudiengang „Ingenieurökologie“ und ist im Magdeburger Stadtteil Cracau zu Hause. „Ich liebe es, zu Fuß zur Arbeit zu gehen. Und ich liebe hier die Verbindung von Wasser und Grün.“

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Zwar, so ordnet die Hochschulprofessorin ein, sei Magdeburg im Vergleich zu anderen Städten „unspektakulär“, aber sie habe ihr und ihrem mitgekommenen Lebensgefährten „von Anfang an gefallen“. Die Uhren gingen hier gefühlt etwas langsamer. Der oft gehörte Satz „Nu‘ machen’se mal keen Stress“ bilde das Gefühl gut ab.

As Sachverständige bestellt

Ohne die Grenzöffnung vor 35 Jahren wäre Petra Schneider, die auch öffentlich bestellte Sachverständige für die Erkundung, Sanierung und Bewertung von Altlasten ist, wohl noch immer in der Lausitz. „Ich hätte wohl weiter Lagerstätten erkundet, wäre mit dem Bohrwagen rumgefahren, hätte Bohrkerne interpretiert und Zeichnungen gemacht.“

Aber irgendwann, so denkt sie, hätte sie die immer viel zu kohlestaubige, dreckige Heimat wahrscheinlich doch verlassen. Die Wiedervereinigung und all die Chancen und offenen Türen kamen zur rechten Zeit. Vor zehn Jahren gingen Petra Schneider und ihr langjähriger Partner skeptisch und neugierig zugleich durch die „Magdeburg-Tür“. Heute sagt die Professorin: „Für mich stimmt hier das Setting. Und nein, ich bewerbe mich nicht weg. Ich bin angekommen und habe es keine Minute bereut.“