1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Magdeburger des Jahres: Verena Ruhsert und Fabian Kunze: Sie kämpfen für Gesundheit

Magdeburger des Jahres: Verena Ruhsert und Fabian Kunze Sie kämpfen für Gesundheit

Die Volksstimme sucht die Magdeburger des Jahres 2025. Zur Wahl stehen auch Verena Ruhsert und Fabian Kunze vom Verein „Ärzte der Welt“. Gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Team ermöglichen sie Menschen ohne Krankenversicherung den Zugang zu medizinischer Hilfe.

Von Michaela Schröder 28.11.2025, 18:00
Verena Ruhsert und Fabian Kunze leiten als hauptamtliches Team das Open.med Magdeburg. Gemeinsam mit ihrem ehrenamtlichen Team  ermöglichen sie Menschen ohne Krankenversicherung   den Zugang zu medizinischer Hilfe.
Verena Ruhsert und Fabian Kunze leiten als hauptamtliches Team das Open.med Magdeburg. Gemeinsam mit ihrem ehrenamtlichen Team ermöglichen sie Menschen ohne Krankenversicherung den Zugang zu medizinischer Hilfe. Foto: Viktoria Kühne

Magdeburg. - Wenn Fabian Kunze und Verena Ruhsert mittwochs um Punkt 14 Uhr die Tür zur Open.med-Praxis in der Einsteinstraße 4a öffnen, wissen sie nie, wer ihnen an diesem Nachmittag gegenübersitzen wird. Was sie aber wissen: Jeder Mensch, der die kleine Praxis nahe dem Hasselbachplatz betritt, kommt mit einer Geschichte und oft mit einer Not, die viel zu lange niemand hören wollte.

Seit Mitte Februar ist die medizinische Anlaufstelle des Vereins „Ärzte der Welt“ für Menschen ohne Krankenversicherung geöffnet. Und in diesen wenigen Monaten ist aus einer Idee, frisch gestrichenen Räumen und gespendeten Möbeln ein Ort geworden, der Hoffnung schenkt.

Magdeburger des Jahres 2025 - Ärzte der Welt: Kandidatin Verena Ruhsert und Fabian Kunze

(Kamera: Michaela Schröder, Schnitt: Laura Helcl)

Hinweis: Sollte das Video nicht angezeigt werden, laden Sie bitte Ihren Browser neu.

Magdeburger des Jahres 2025: Stimmen Sie hier ab

„Ärzte der Welt“ in Magdeburg: Ein Team, ein Ziel

Zusammen mit einem ehrenamtlichen Team aus Ärzten, Medizinstudenten, Krankenpflegern und Sozialarbeitern haben Verena Ruhsert und Fabian Kunze die Praxis zu einem Ort gemacht, an dem medizinische Hilfe, soziale Beratung und menschliche Nähe Hand in Hand gehen.

Lesen Sie auch: Magdeburger des Jahres 2025: Alle Kandidatinnen und Kandidaten im Überblick

Das Angebot ist einzigartig in Sachsen-Anhalt, bislang gibt es nur open.med-Projekte von „Ärzte der Welt“ in München, Berlin, Hamburg und Stuttgart.

Mehr als 100 Patienten wurden in Magdeburg in über 300 Beratungen und Behandlungen bereits intensiv begleitet – anonym und kostenlos. „Bei uns werden alle Menschen behandelt, die Hilfe brauchen – egal wer sie sind und warum sie keine Krankenversicherung haben“, sagen Fabian Kunze und Verena Ruhsert.

Anlaufstelle für Menschen, die medizinische Hilfe benötigen

Sie bilden das kleine hauptamtliche Team der Praxis, koordinieren das wachsende Netzwerk an Ehrenamtlichen und sorgen dafür, dass mittwochs niemand abgewiesen werden muss.

Fabian Kunze ist in Magdeburg aufgewachsen. Als Kind wollte er Tierarzt oder Koch werden, studierte schlussendlich aber Bewegungswissenschaft mit dem Schwerpunkt auf Gesundheitsforschung. Verena Ruhsert kannte die Elbestadt zunächst nur von einer Klassenfahrt. Erst während ihres Studiums „Peace and Conflict Studies“ lernte sie die Stadt wirklich kennen – und fand hier schließlich ein Zuhause.

Lesen Sie auch: Keine Krankenversicherung? Wie ein Projekt in Magdeburg helfen will

Was beide antreibt, ist keine abstrakte Vision. Es ist der konkrete Moment, wenn eine Mutter nach Wochen im Krankenhaus ihr Kind gesund in den Armen hält – weil viele ehrenamtliche Hände mit angepackt haben. Es ist der Patient, der nach Monaten endlich wieder ohne Schmerzen gehen kann.

Menschen ohne Krankenversicherung: Die Not hat viele Gesichter

Es sind chronisch Erkrankte, die dank der Herz- oder Diabetesmedikamente ihren Alltag bewältigen können. „Nur wenn wir die Patientinnen und Patienten ernst nehmen und ihnen zuhören, entsteht Vertrauen. Und Vertrauen ist die Voraussetzung dafür, dass sie ihre Rechte überhaupt wahrnehmen können“, sagt Verena Ruhsert. Viele wüssten beispielsweise nicht, welche Ansprüche sie trotz fehlender oder eingeschränkter Versicherung hätten.

In der Praxis sitzt oft ein buntes, aber verletzliches Abbild der Stadt. Kinder, Rentner, Menschen mit akuten Infekten oder Schmerzen, die viel zu lange verdrängt wurden. Für sie ist das open.med Magdeburg ein sicherer Hafen.

Lesen Sie auch: Ohne Krankenversicherung: Hier gibt es in Magdeburg Hilfe

„Sehr oft sind es ehemalige Versicherte, die ihre Beiträge nicht mehr zahlen konnten und Schulden bei der Krankenkasse haben. In anderen Fällen sind es Familienversicherte, die ihren Partner verloren haben, Pflegende, die ihre Arbeit aufgegeben haben, EU-Ausländer, die ihren Job und damit ihre Krankenversicherung verloren haben. Auch Migranten oder Wohnungslose sind unter den Betroffenen“, berichten Verena Ruhsert und Fabian Kunze.

Fast jede Woche erleben die beiden Situationen, die sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringen. Trotz dieser Belastung spürt man ihnen die Leidenschaft an, mit der sie sich dem Projekt widmen. „Wir wachsen an unseren Aufgaben – und an den Menschen, die zu uns kommen“, sagt Verena Ruhsert.

Open.med Magdeburg in der Einsteinstraße: Ein Rettungsanker für viele

Die größte Hürde für das Team bleibt der fehlende Zugang zu einer Clearingstelle, die Menschen dabei hilft, ihren Krankenversicherungsstatus zu klären. „Wir versuchen daher, diese Unterstützung selbst zu leisten und den nichtversicherten Patienten zu helfen, bei einer Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Fehlende Behandlungsscheine versuchen wir durch Kooperationen mit Facharztpraxen zu ermöglichen. Wir sind regelmäßig im Austausch mit dem MediNetz – einem ähnlich ausgerichteten Verein – sowie mit Krankenhäusern, der Bahnhofsmission, unseren Unterstützern wie dem Labor oder Apotheke und vielen weiteren Anlauf- und Beratungsstellen“, erklärt Fabian Kunze.

Lesen Sie auch: Keine Krankenversicherung, keine medizinische Hilfe: Warum Menschen nicht krankenversichert sind

Finanziert wird das Projekt durch Spenden, einen großen Teil übernimmt die „Deutsche Postcode Lotterie“.

Weitere ehrenamtliche Angebote sind eine monatliche zahnmedizinische Sprechstunde in Kooperation mit der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt, eine Kindersprechstunde, psychiatrisch-psychotherapeutische Beratung. Und sie wollen weiter wachsen: eine Frauenarztsprechstunde, mehr Fachärzte, ein größeres Netzwerk, mehr Sichtbarkeit.

„Gesundheit ist ein Menschenrecht. Wir haben etwas aufgebaut, das es hier vorher nicht gab. Und die Menschen zeigen uns jede Woche, dass es richtig und wichtig ist“, sagen Fabian Kunze und Verena Ruhsert. Dass inzwischen selbst Menschen aus dem Umland zu ihnen kommen, bestätigt das.

Das open.med Magdeburg hat sich zu einer zentralen Anlaufstelle entwickelt, die für viele Hilfesuchende zum Rettungsanker wird. Für Fabian Kunze und Verena Ruhsert ist es ein Herzensprojekt, das täglich zeigt, was Menschlichkeit bewirken kann.

Die Kandidaten im Kurzporträt:

  • Alter/Familienstand: Verena Ruhsert (30) ist verheiratet. Fabian Kunze (37) hat mit seiner Partnerin zwei Kinder
  • Beruf/Ehrenamt: Verena Ruhsert, Projektreferentin, engagiert sich bei einem studentischen Bündnis für ein demokratisches Miteinander; Fabian Kunze, Projektleiter
  • Das mögen wir an Magdeburg: Die Stadt überzeugt mit ihren Grünflächen und Parkanlagen, besitzt eine engagierten Zivilgesellschaft, in der viele Menschen sich sozial einbringen und hat eine lebendige internationalen Studierenden-Gemeinschaft
  • Hier kann Magdeburg noch besser werden: Offenheit für Menschen jeder Art zeigen, eine Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung schaffen und jeden unkomplizierten Zugang zu Gesundheitsversorgung ermöglichen
  • Magdeburg ist in zehn Jahren... eine Stadt, die durch sportlichen Erfolg, große Weltoffenheit und hohe Lebensqualität überzeugt und in der alle Menschen gern leben
Mitte Februar öffnete die medizinische Anlaufstelle Open.med Magdeburg ihre Pforten. Fabian Kunze und Verena Ruhsert koordinieren das Projekt.
Mitte Februar öffnete die medizinische Anlaufstelle Open.med Magdeburg ihre Pforten. Fabian Kunze und Verena Ruhsert koordinieren das Projekt.
Foto: Viktoria Kühne

Das sagt der ehemaliger Chefarzt der Psychiatrie der Alexianer Klinik Bosse Wittenberg zu den Kandidaten: 

Nikolaus Särchen, ehemaliger Chefarzt der Psychiatrie der Alexianer Klinik Bosse Wittenberg, findet, dass das Projekt Open.med-Magdeburg eine Lücke in Magdeburgs Gesundheitsversorgung füllt.
Nikolaus Särchen, ehemaliger Chefarzt der Psychiatrie der Alexianer Klinik Bosse Wittenberg, findet, dass das Projekt Open.med-Magdeburg eine Lücke in Magdeburgs Gesundheitsversorgung füllt.
Foto: Monika Köhler

Dr. med Nikolaus Särchen, ehemaliger Chefarzt der Psychiatrie der Alexianer Klinik Bosse Wittenberg: „Die open.med-Praxis füllt eine Lücke in Magdeburgs Gesundheitsversorgung und bietet Menschen ohne Krankenversicherung dringend benötigte Hilfe. Dank der ehrenamtlichen Ärzte erhalten sozial benachteiligte Menschen medizinische Unterstützung und eine Perspektive zurück in die Krankenversicherung.“