Magdeburger des Jahres 2025 Drei Magdeburgerinnen lassen Tanzträume wahr werden
Zum 34. Mal sucht die Volksstimme mit ihren Lesern die Magdeburger des Jahres. Nominiert sind auch Nicole Halfpaap, Angelika Wolters und Sandra Eichler für die Inklusive Tanzshow.

Magdeburg. - Einmal im Leben auf der großen Bühne stehen und den donnernden Applaus des Publikums genießen - diesen Traum haben viele. Für die meisten wird er unerreichbar sein. Für die Teilnehmer der Inklusiven Tanzshow in Magdeburg wird er jedoch wahr. Nicole Halfpaap, Angelika Wolters und Sandra Eichler - stellvertretend für das gesamte Organisationsteam - zeichnen für die Erfüllung der Träume vieler Magdeburger verantwortlich.
Angefangen hatte alles 2015. Damals wollte eine auswärtige Agentur ein inklusives Musical in Magdeburg durchführen und hatte dafür hiesige Tanzgruppen angesprochen. Monatelang hatten sich diese akribisch darauf vorbereitet. Doch dann hieß es plötzlich kurz vorher: Pustekuchen, die Veranstaltung findet nicht statt. Vorgeblich, weil zu wenige Karten verkauft wurden.
Magdeburger des Jahres 2025: Stimmen Sie hier ab
Nach Absage: Veranstaltung in Magdeburg wird ehrenamtlich fortgeführt
„Das war total der Schock“, erinnert sich Nicole Halfpaap. Sie war damals als Trainerin einer inklusiven Tanzgruppe aus Seniorinnen und Menschen mit einer Beeinträchtigung beteiligt. Alle waren sehr enttäuscht, es flossen Tränen.
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Sie und die anderen Tanzlehrer und Trainer, die dabei waren, dachten sich: Das darf nicht sein. Also wurde innerhalb weniger Tage eine eigene Show auf die Beine gestellt. Frank Fitsch von der Lebenshilfe konnte das ehrwürdige Amo-Kulturhaus als Auftrittsort organisieren.
Inklusive Tanzshow in Magdeburg bietet emotionale Gänsehautmomente
Alle Beteiligten waren begeistert und schnell stand fest: Nächstes Jahr machen wir es dann richtig. 2016 gab es dann die Inklusive Tanzshow das erste Mal in ihrer heutigen Form. „Damals haben wir gemerkt, wie aufwendig die Organisation ist“, sagt die Tanzlehrerin. Schließlich wird die gesamte Veranstaltung - von der Entwicklung des Programms bis zur Bühnentechnik - rein ehrenamtlich geschultert.

Darum entschied man sich, die Tanzshow künftig alle zwei Jahre durchzuführen. Mit einer Corona-bedingten Pause fand die Veranstaltung Ende November gerade zum fünften Mal statt - und begeisterte wieder Teilnehmer und Publikum im Magdeburger Amo gleichermaßen. „Das sind einmalige Gänsehautmomente für alle“, sagt Sandra Eichler. Sie hält die Veranstaltungen in Bildern fest und ist jedes Mal begeistert von der Wirkung der Auftritte.
Bunte Revue in Magdeburg mit Tanz, Artistik, Sport und Comedy
Bei der Show geht es inzwischen um viel mehr als den reinen Tanz. Artistik, Sport und Comedy gehören heute ebenso zum zweieinhalbstündigen Programm. Zahlreiche Einrichtungen, Schulen und Vereine aus Magdeburg und Umgebung beteiligen sich. 34 verschiedene Auftritte gab es zuletzt. „Eine bunte Revue“ nennt es Angelika Wolters, die einst über das Schwarzlichttheater der Lebenshilfe zur Veranstaltung kam und sie heute mit Witz und Wärme moderiert.
Die Rhönradturner vom MSV 90 sind ebenso dabei wie der Polizeisportverein mit orientalischem Tanz. Diesmal gab es mit Comedian und Schauspieler Tan Caglar sogar einen echten Stargast. „Darauf sind wir schon stolz“, sagt Nicole Halfpaap. Die Show habe „eine Klasse, die es in der Zusammensetzung, Qualität und Quantität hier sonst nicht gibt“.
Stärkung des Selbstwertgefühls: Handicap soll nicht im Weg stehen
Statt den Bühnenprofis sind aber vor allem die Laien der Mittelpunkt. Ob Rollstuhl oder Down-Syndrom - ihr vermeintliches Handicap soll weder im Vordergrund, noch gänzlich im Weg stehen, meint Angelika Wolters. „Sie stellen bei der Show etwas auf die Beine, von dem sie vorher gar nicht wussten, dass sie es können“, sagt sie. Eine unersetzliche Erfahrung für das Selbstwertgefühl.
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Die große Bandbreite zeigt sich dabei auch beim Alter der Teilnehmer. Die Tanzshow führt nämlich auch die Generationen zusammen. Die älteste Teilnehmerin ist stolze 84 Jahre alt und voll dabei, die jüngsten gehen gerade erst in die zweite Klasse.
Zirkus, Weltreise oder Tanzträume - Magdeburger Show mit besonderem Motto
Die Show steht jedes Mal unter einem bestimmten Motto, das sich wie ein roter Faden durch die einzelnen Auftritte der beteiligten Gruppen zieht. In der Vergangenheit gab es bereits eine „Reise um die Welt“ oder den „Circus Saltamus“. In diesem Jahr wurden „Tanz(t)räume“ erfüllt. „Man kann eine wunderbare Geschichte erzählen“, sagt Angelika Wolters.

Insgesamt sind über 200 Menschen an der monatelangen Vorbereitung und Durchführung der glanzvollen Abendshow beteiligt - allesamt aus voller Überzeugung und mit ganz viel Herzblut. Bei vielen stehen die eigenen Kinder oder Geschwister auf der Bühne und lassen sich am Ende ausgiebig für ihr Können feiern.
Tanzshow in Magdeburg soll Barrieren in Köpfen abbauen
Der große familiäre Bezug sei der einzige Wermutstropfen, wie Angelika Wolters bedauert. „Denn es ist schwierig, andere Menschen dafür zu begeistern“, sagt sie. Dabei würden diese eine atemberaubende Show verpassen. „Das sind Glücksgefühle, die kannst Du dir nicht kaufen“, versichert sie.
„Die Inklusive Tanzshow ist ein Projekt für die Stadt Magdeburg, das dazu beiträgt, Barrieren in den Köpfen abzubauen“, erklärt Nicole Halfpaap. Sie könne Leute zusammenbringen, die ohne sie nicht aufeinandertreffen würden - und die sonst auch nicht im Rampenlicht stehen. „Das macht was mit den Menschen“, ergänzt Angelika Wolters. Vor allem glücklich. Und was gibt es Schöneres?
Die drei Kandidatinnen im Kurzporträt:
- Sandra Eichler, 46, ledig, keine Kinder, PR-Managerin/Dozentin
- Angelika Wolters, 58, verheiratet, ein Kind, schulfachliche Referentin
- Nicole Halfpaap, 42, verheiratet, zwei Kinder, Sportwissenschaftlerin/Mentaltrainerin
- Das mögen wir an Magdeburg: Dass unsere Stadt nach Kriegen und Krisen nie den Mut verloren hat und immer wieder erstrahlt durch seine Menschen - couragiert, authentisch, engagiert, innovativ und mit eigenem Willen
- Hier kann Magdeburg noch besser werden: Wir brauchen mehr echte Inklusion im Alltag, mehr barrierefreie Kultur, mehr gemeinsame Projekte und mehr Räume, in denen alle dazugehören. Magdeburg hat das Potenzial. Wir sollten es noch mehr nutzen
- Magdeburg ist in zehn Jahren... Wir wünschen uns ein Magdeburg, in dem Vielfalt selbstverständlich ist. Eine Stadt, die zeigt, wie stark wir sind, wenn alle mitmachen dürfen. Ein Magdeburg, das verbindet, bewegt und Vorbild für gelebte Inklusion wird

Das sagt Anke Haschke vom Landesbehindertenbeirat über die drei Kandidatinnen:
„Das Team der Inklusiven Tanzshow besteht aus einer vielfältigen Gruppe von Menschen – mit und ohne Beeinträchtigungen, unterschiedlichen Alters, Erfahrungen und Stärken. Was sie verbindet, ist die Leidenschaft zur Musik und Spaß an Bewegung und der gemeinsamen Idee, Barrieren abzubauen, voneinander zu lernen und etwas zu schaffen.
Im Ergebnis einer zweijährigen intensiven Zusammenarbeit präsentieren sie schließlich ihre Choreografien die nicht von außen, sondern aus dem Miteinander heraus entstehen, mal kraftvoll, mal leise, mal verspielt und mal ernst ist, auf der Bühne. Die Organisator*innen von Tanz(t)Räume haben für Ihr Engagement Hochachtung verdient.“