Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Mit Firmengründungen in die neue Welt
Der Unternehmer Dirk Bartens aus Magdeburg rief nach der Wende Firmen ins Leben und half anderen, es auch zu tun. So liefen „seine“ 35 Jahre seit der Deutschen Einheit.

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Hier Dirk Bartens, IT-Unternehmer.
Als die Wende Deutschland verändert, ist Dirk Bartens Anfang 20, frischgebackener Vater, hat Kybernetik studiert, in einer Forschungsstelle gearbeitet und Verantwortung im Traktorenwerk Schönebeck übernommen. Als die Mauer fällt, steckt er mitten im Umzug, baut eine Wohnung aus – und beobachtet das historische Geschehen mit Ehrfurcht statt Euphorie. „Ich hatte großen Respekt vor dem Ungewissen, doch auch gesehen, wie viele Chancen sich plötzlich boten“, erinnert er sich.
Mit dem „Westen“ hat Dirk Bartens zu DDR-Zeiten kaum Berührungspunkte. Weit gereist ist er dennoch: Er spielt an der Uni Basketball. Als Erstligist kommt das Team damals viel im osteuropäischen Raum herum. „Vielleicht lag es an meinen Wissenschaftsgenen – ich war eher pragmatisch eingestellt“, sagt der Magdeburger. Deshalb reiht er sich auch nicht in die ersten „Grenz-Konvois“ ein. Seine erste Westreise führt ihn Wochen später schnurstracks in einen Baumarkt: Fliesen kaufen.
Auf der Cebit in Hannover
Und doch: Als am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit vollzogen wird, spürt Bartens eine „positive Unruhe“. Er erinnert sich daran, wie er mit dem Trabi und einem Kanister voller „Gemisch“ nach Hannover fährt. Wie er dort auf der Cebit steht und staunt. Wie er alle Prospekte mitnimmt, die er kriegen kann. Zum ersten Mal sieht der IT-Fachmann live, welche Ideen innovative Firmen auf den Markt bringen.
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Im Rechenzentrum im „Kombinat Fortschritt“ arbeiten sie mit Rechnern des amerikanischen Unternehmens Digital Equipment Corporation – zu DDR-Zeiten ein Novum – und ein Vorteil für Dirk Bartens und seine Kollegen. „West-Technik“ ist ihnen nicht fremd und Ost-Technik kennen sie sowieso. „Uns war schnell klar, dass es im Traktorenwerk nicht weitergeht. Wir mussten selbst etwas machen“, sagt Dirk Bartens.
Firmengründung 1991
1991 gründet er mit Kollegen das IT-Unternehmen SBSK – und schreibt damit Erfolgsgeschichte. Die basiert in den ersten Jahren auf der Expertise im Umgang mit der im Osten bewährten Technik, die viele Unternehmen weiter nutzen – und die gewartet werden muss. Parallel dazu erschließen sie ein neues Feld: Glasfaser-Netzwerke für Betriebe. Schritt für Schritt wächst das Startup.
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Dirk Bartens erhält viele Angebote. In Kiel kann er arbeiten, in amerikanischen Firmen schätzt man die Expertise des Gründers. Doch der entscheidet sich, zu bleiben – weil die Familie hier lebt, das Umfeld stimmt und „weil er hier die Chancen nutzen möchte“. Eine Zeitlang füllt er die Hörsäle der Uni mit IT-Vorlesungen, immer baut er Brücken zu den jungen Fachkräften von morgen und praxisorientierten Professoren. Kontakte sind für ihn ein wichtiges Gut. Er gründet den Verband der IT- und Multimediaindustrie Sachsen-Anhalt (VITM) mit, gibt Wissen weiter, knüpft Kontakte.
Start ups mit auf die Beine geholfen
Und Dirk Bartens schaut in viele Richtungen. Ab 2008 hebt er direkt oder indirekt fast jedes Jahr ein Startup mit aus der Taufe. Im Laufe der Jahre wird er zum Coaching-Partner, Berater, zum Anschub-Geber und gefragten Experten, der hilft, Ideen zu verwirklichen. Aus diesem Ansatz heraus entsteht zunächst das Software-Unternehmen SocialMap, das sich schon damals die Digitalisierung auf die Fahnen schreibt und Abläufe in Jugend- und Sozialämter effizienter macht. Es folgt ein Planungsbüro, das er mit drei Professoren aufbaut.
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So kommt eins zum anderen. Ein effektives Netzwerk entsteht. Alle Startups laufen, alle sind mit Magdeburg verbunden. Als Motor für dieses unternehmerische Engagement nennt Bartens seine Zuversicht: „Ich wusste immer, dass es gut wird, und habe immer auf das vertraut, was ich kann.“ Generell hält er es „für wichtiger, nach vorn als nach hinten zu schauen“.
So hält er es auch mit dem Blick auf seine Heimatstadt. Magdeburg hat sich aus seiner Sicht stark entwickelt – als Sportstadt, als grüne Stadt mit starken Bildungsstätten. Er sagt: „Das Renommee ist inzwischen sehr positiv.“ Als Unternehmer wünscht er noch mehr Raum für Innovation, privat, „dass es hier noch mehr internationaler zugeht“. Seine Entscheidung für Magdeburg bereut er indes nicht: „Ich habe hier viele interessante Menschen kennengelernt – und alle fühlen sich wohl. Genau wie ich.“