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Hochschule Magdeburg-Stendal Neue Wege im Brandschutz: Forschung sucht Alternativen zu Feuerwehrleitern

Enge Straßen, parkende Autos und Oberleitungen erschweren zunehmend den Einsatz von Feuerwehrleitern als zweiten Rettungsweg. Ein Forschungsprojekt an der Hochschule Magdeburg-Stendal prüft deshalb, wie Gebäude so geplant oder nachgerüstet werden können, dass ein sicherer Rettungsweg ausreicht

Von Laura Naujoks 21.12.2025, 11:00
 An der TU Braunschweig testet Robert Westphal (rechts) von  der Hochschule Magdeburg-Stendal gemeinsam mit Verbundpartnern und Feuerwehr verschiedene Brandszenarien.
An der TU Braunschweig testet Robert Westphal (rechts) von der Hochschule Magdeburg-Stendal gemeinsam mit Verbundpartnern und Feuerwehr verschiedene Brandszenarien. Foto: Laura Naujoks

Magdeburg. - Es ist ein Szenario, das niemand erleben will: Die Wohnung füllt sich mit Rauch, es lodern Flammen. In so einer Situation entscheiden funktionierende Rettungswege über Sicherheit und Überleben. Robert Westphal, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Magdeburg-Stendal, arbeitet im Forschungsprojekt „Alternative Rettungswegkonzepte“ (Alreko) daran, Rettungswege in bestehenden Gebäuden und in Häusern, die nachträglich höher gebaut werden sollen, sicher und kostengünstig zu gestalten.

Wenn Feuerwehrleitern an ihre Grenzen stoßen

Laut Bauordnung braucht ein größeres Mehrfamilienhaus zwei Rettungswege. „Der erste ist immer das Treppenhaus“, erklärt Westphal. „Der zweite führt meist über die Drehleiter der Feuerwehr zu den Fenstern.“ Doch genau das werde zunehmend zum Problem: enge Straßen, Bäume vor der Fassade, verkehrsberuhigte Bereiche, zugeparkte Zufahrten oder Straßenbahnen mit Oberleitungen. „Oft können Feuerwehrleitern schlicht nicht mehr angesetzt werden.“

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Die Alternative wäre, baulich aufzurüsten: „Man müsste einen zweiten Treppenraum bauen oder den bestehenden so sichern wie im Hochhausbau – mit Vorraum, Schleusen, Anlagentechnik“, sagt Westphal. Doch das sei bei bestehenden Gebäuden kaum realisierbar und vor allem teuer.

Forschung sucht sichere Alternativen zur Drehleiter

In Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig und der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg wird untersucht, ob der erste Rettungsweg so sicher gestalten werden kann, dass ein zweiter nicht mehr nötig ist. Besonders dann, wenn Gebäude aufgestockt werden sollen. Ziel ist es, das bestehende Sicherheitsniveau zu halten. Dabei spielt auch der Baustoff Holz eine Rolle.

„Holz eignet sich für Aufstockungen besonders gut“, sagt Björn Kampmeier, Professor im Studiengang Sicherheit und Gefahrenabwehr und Projektleiter an der Hochschule Magdeburg-Stendal. „Es ist leicht und tragfähig. Zudem entsteht bei der Herstellung von Holzbauteilen weniger CO₂ als beispielsweise bei Betonteilen. Gleichzeitig speichert Holz Kohlenstoffdioxid, so dass auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird.“

Virtuelle Brände und reale Brandversuche

Kern der Forschung ist eine Risikoanalyse: „Wir wollen mit Zahlen bewerten, wie oft bestimmte Brände auftreten und wie schwer sie sind“, so Westphal. Ein Papierkorbbrand komme häufig vor, richte aber wenig an; ein Vollbrand sei selten, verursache aber massive Schäden.

Die Analyse soll zeigen, welche Kombinationen aus baulichen Maßnahmen Sicherheit bieten und gleichzeitig Kosten sparen.

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Dafür modelliert das Team virtuelle Beispielgebäude, simuliert Brände und analysiert die Rauchausbreitung, Temperaturen und die Aufenthaltsdauer für Personen. Zusätzlich laufen reale Brandversuche: Im Zentrum für Brandforschung an der TU Braunschweig wurde ein viergeschossiger Treppenraum aufgebaut und in verschiedenen Szenarien abgebrannt. So wird geprüft, ob die Simulationen die Realität gut abbilden.

Am Ende sollen aus den Daten konkrete Anforderungen entstehen, die in Bauordnungen und Planungsprozessen genutzt werden können. Ein Ausschuss von Vertretern aus Politik, Feuerwehren, Verbänden, Holzbauunternehmen, Herstellern und Ingenieurbüros begleitet das Projekt von Anfang an: „Alle sollen verstehen, wie die Ergebnisse zustande kommen und sie mittragen“, betont Robert Westphal.

(*Die Autorin ist Mitarbeiterin der Hochschule.)