1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Fehler über Fehler im Rathaus

Briefwahl Stendal Fehler über Fehler im Rathaus

Nach dem Wahlskandal in Stendal ließ der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtags eine Expertin die Situation beurteilen.

09.11.2017, 16:29

Magdeburg l Nach dem Wahldesaster in Stendal und der eher zähflüssigen Befragung der städtischen Bediensteten lud der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalt eine Expertin ein – und die redete Klartext. Cornelia Onnasch ist eine resolute Frau. Die 59-Jährige ist seit 27 Jahren in der Stadt Merseburg für die Wahlen zuständig. Sie kennt sich aus – und das in einer vergleichbar großen Stadt wie Stendal.

Die gut einstündige Befragung machte sehr schnell deutlich: Stendal und Merseburg sind zwar etwa gleich groß, bei der Organisation der Wahlen liegen zwischen ihnen jedoch Welten – auch wenn die jeweils hauptverantwortliche Mitarbeiterin fast gleich lang im Geschäft ist.

Beispiel: Die neue Regelung, dass ein Bevollmächtigter für maximal vier Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen abholen kann. Im Stendaler Rathaus waren Mails des Kreiswahlbüros und die Gesetzesänderung „übersehen“ worden, wie Stadtbedienstete vor dem Ausschuss kundtaten.

Dagegen Onnasch: „Ich bekomme neue Gesetze aktuell vom Oberbürgermeister. Außerdem hört man auch, was da neu ist. Ich informiere mich zudem auch im Internet. Das ist ja auch unsere Pflicht. Danach werden alle, die damit zu tun haben, angesprochen und geschult.“

Beispiel: Die massenweise Herausgabe – teilweise mehr als 20 – von Briefwahlunterlagen: In Stendal war das im Mai 2014 reihenweise passiert. Fast 200 Unterlagen wurden in größeren Mengen herausgegeben.

In Merseburg: undenkbar. Cornelia Onnasch: „Unsere Leute haben da sehr aufgepasst und sich auch Notizen gemacht. In einem Fall wollte sich eine Bürgerin sogar beschweren, weil sie nicht mehr als vier Unterlagen erhalten hatte.“ Überhaupt: „Wenn da mehrere kommen würden, würden bei uns die Alarmglocken klingeln. Das ist doch kein Zufall.“

Beispiel: Könnten durch eine Computerpanne versehentlich Wähler als Briefwähler registriert werden? In Stendal hatte das die Wahlorganisatorin als möglichen Grund genannt, warum sie sich nichts dabei gedacht habe, dass zehn Wähler am Wahltag im Wahllokal standen, obwohl sie angeblich Briefwahl gemacht hatten (wie sich hinterher herausstellte, waren ihre Unterlagen von Holger Gebhardt gefälscht worden).

Cornelia Onnasch schüttelte da nur energisch mit dem Kopf; „Es ist immer schön, die EDV vorzuschieben. Aber das ist technisch gar nicht möglich.“

Beispiel: Ist der Verstoß gegen die Vierer-Regelung im Land häufiger vorgekommen? Stendals Wahlorganisatorin hatte so vor dem Untersuchungsausschuss argumentiert. „Sie glauben doch nicht, dass das nur bei uns passiert ist.“ Nur in Stendal sei es dann halt aufgefallen...

Onnasch schüttelte erneut den Kopf: „Man ist da in Stendal wohl sehr naiv rangegangen. Schließlich gibt es auch die Verpflichtung, sich selbst zu informieren. Wahlen zu organisieren macht man nicht nebenbei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Frage da keine Rolle gespielt hat.“

Die innenpolitische Expertin der Linke-Fraktion, Henriette Quade, bedankte sich bei Onnasch: „Sie haben eindrucksvoll die Unterschiede aufgezeigt, die uns hier im Ausschuss beschäftigen.“ Von allen Fraktionen gab es am Ende Beifall für die Merseburgerin.