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  7. Anschlag auf Weihnachtsmarkt Magdeburg: Was über Verhandlung gegen Taleb A. bekannt ist

Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg Größer als der NSU-Prozess? Was über die Verhandlung gegen Taleb A. bisher bekannt ist

Am 22. Oktober soll der Prozess gegen den Attentäter Taleb A. beginnen. Eigens dafür hat das Landgericht einen temporären Gerichtssaal am Jerichower Platz errichten lassen. Grund dafür ist die außerordentliche Dimension des Verfahrens nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt.

Von DUR Aktualisiert: 29.09.2025, 15:45
Poller sichern das Interims-Gerichtsgebäude für den Prozess gegen den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt. Der Hauptsaal in der Leichtbauhalle bietet mit 1.900 Quadratmetern Platz für etwa 700 Personen.
Poller sichern das Interims-Gerichtsgebäude für den Prozess gegen den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt. Der Hauptsaal in der Leichtbauhalle bietet mit 1.900 Quadratmetern Platz für etwa 700 Personen. (Foto: dpa)

Magdeburg. – Es war ein Verbrechen unfassbaren Ausmaßes. Am Abend des 20. Dezembers 2024 fuhr der in Deutschland als Mediziner tätige Migrant Taleb A. mit einem geliehenen Fahrzeug auf das abgesperrte Gelände des Magdeburger Weihnachtsmarktes und raste etwa 300 Meter durch die Menschenmenge.

Ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren kamen dabei ums Leben, mehr als 200 Menschen wurden verletzt.

Nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt: Gerichtssaal in Magdeburg gebaut

Nun wird ihm der Prozess gemacht. Eigens dafür ist am Jerichower Platz in Magdeburg ein temporärer Gerichtssaal errichtet worden. Voraussichtlich am 22. Oktober soll dort der Prozess gegen den in Untersuchungshaft sitzenden Todesfahrer eröffnet werden.

Eine Spezialfirma für Leichtbauhallen hat den größten Gerichtssaal in Magdeburg gebaut.
Eine Spezialfirma für Leichtbauhallen hat den größten Gerichtssaal in Magdeburg gebaut.
(Foto: dpa)

Viele Fragen sind noch unbeantwortet, es gibt mehr als 300 mögliche Nebenkläger.

Was über die Ermittlungen und den Prozessauftakt bekannt ist.

Was ist im Dezember auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt passiert?

Es herrschte reges Treiben auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt am Alten Markt, als Taleb A. im vergangenen Jahr 13 Tage vor Heiligabend mit einem gemieteten BMW X3 und hoher Geschwindigkeit in die Menschenmenge fuhr.

Nach Polizeiangaben war Taleb A. über einen nicht durch Sperren oder Poller geschützten Rettungsweg dorthin gelangt. Der Täter floh, konnte aber nach einigen Minuten an der Ecke Breiter Weg neben der Straßenbahnhaltestelle Allee-Center von Polizisten festgenommen werden.

Was ist über den Täter Taleb A. bekannt?

Taleb A. wurde 1974 in Saudi-Arabien geboren, war in Bernburg ansässig und seit 2020 als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie für das Gesundheitsunternehmen Salus im Maßregelvollzug Bernburg tätig, wo er suchtkranke Straftäter betreute.

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Bereits im Vorfeld sollen deutsche Sicherheitsbehörden vor dem Mann gewarnt worden sein, der in sozialen Netzwerken immer wieder Gewaltfantasien gegen den deutschen Staat äußerte.

Auch Kollegen von Taleb A. hatten einige Monate vor dem Anschlag Hinweise an Vorgesetzte gemeldet, dass der Stationsarzt immer wieder verlauten ließ, er befinde sich "im Krieg": gegen ein Land, das angeblich weltweit saudische Bürger jage, die sich vom Islam abgewandt hätten.

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Warum braucht es für den Prozess gegen den Attentäter ein neues Gerichtsgebäude?

Am 22. Oktober soll nun der Gerichtsprozess gegen den Attentäter beginnen. Um der Dimension des Verfahrens gerecht zu werden, ist ein temporärer Gerichtssaal errichtet worden – 2.000 Quadratmeter groß, mit Platz für 700 Menschen und höchsten Sicherheitsvorkehrungen.

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Dazu kommen Räume für Polizei, die Haftunterbringung des Angeklagten und auch ein Pressebereich für bis zu 200 Journalisten. Insgesamt umfasst das Gebäude rund 4.700 Quadratmeter. Baustart war Juni 2025, das Justizministerium beziffert die Ausgaben seit Beginn der Planungen auf eine einstellige Millionensumme.

Für die Verhandlung eines Verbrechens dieses Ausmaßes brauche es Raum und Sicherheitsstandards, die andere Gerichtsgebäude nicht böten, so die offizielle Angabe.

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Umfangreicher als der NSU-Prozess in München?

Laut Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) könnte der Prozess in Magdeburg zu einem der größten in der Nachkriegszeit in Deutschland werden. Es sei davon auszugehen, dass er ungefähr ein Jahr in Anspruch nehmen wird und noch umfangreicher als der NSU-Prozess in München ist.

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Auch für die Zeit danach steht schon alles fest. Die Halle ist nur als Interimsgerichtssaal konzipiert. Soll heißen: Das Landgericht Magdeburg mietet ihn nicht länger an als für den Prozess notwendig.

Der Bauherr, eine Spezialfirma für temporäre Bauten, wird die Verhandlungsstätte nach Prozessende wieder abbauen. Eine dauerhafte Nutzung ist weder von Land noch Gericht vorgesehen.