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Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Jeder muss Beitrag leisten: Von Potsdam nach Magdeburg mit vollem Einsatz

Von Potsdam nach Magdeburg und längst heimisch geworden an der Elbe: Die Bosch-Standortleiterin Maren Schulz ist fest verwurzelt in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.

Von rs 29.06.2025, 19:30
Marèn Schulz
Marèn Schulz pro M Stadtmarketing Magdeburg

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Heute: Marén Schulz, in Potsdam aufgewachsen und heute Bosch Standortleiterin in Magdeburg.

Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 macht sich in Marén Schulz zunächst Unsicherheit breit. Unerwartet und zu plötzlich gehört die innerdeutsche Grenze damals der Vergangenheit an. „Ich war in meiner Heimatstadt Potsdam. Einige meiner Freunde sind nach der Nachricht über den Mauerfall gleich losgefahren. Die meisten in Richtung Berlin“, erinnert sich die Betriebswirtin und derzeitige Standortleiterin von Bosch Service Solutions in Magdeburg. „Ich habe mich nicht getraut. Ich hatte Angst, dass ich nicht zurückkomme. Ich war alles andere als mutig.“

Mit dem Vokabular von heute eingeordnet, dachte Marén Schulz wie so viele andere an Fake News. „Dann sah ich die ersten Bilder und ich habe gedacht: Es stimmt. Dies ist nun auch ein Teil unseres Lebens.“ Gut ein Jahr später, am 3. Oktober 1990, liegen hinter Marén Schulz und ihrer Familie einige Besuche im Westen Deutschlands, wo ein Teil der Familie lebt. „Wir hatten immer Kontakt. Jeder hat versucht, seine Welt zu finden. Die einen in der DDR, die anderen in der BRD.“

Wie der Plan für eine Berufsoffizierin zerfällt

Ursprünglich einem Architekturstudium in Kombination mit Sport und der Armee sehr zugetan, muss sich Marén Schulz nach der Wende neu ordnen. Berufsoffizierin wollte sie werden, sie war eine erfolgreiche Sportschützin. „Ich hatte einen Plan, aber dann ist mir das Konzept verlorengegangen“ blickt sie heute zurück. Wie sollte es also weitergehen? „Eine große Herausforderung“, sagt sie. „Ich habe mich auf Jura, BWL und Architektur in unterschiedlichen Städten beworben.“

BWL oder Jura - die Entscheidung

Es kostete einige Zeit. Dann muss sie sich entscheiden: BWL in Magdeburg oder Jura in dem ihr so vertrauten Potsdam? „1992 bin ich nach Magdeburg gekommen“, verrät sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Die Uni hat mir gut gefallen, auch wenn die Stadt damals eher in einem schwierigen Zustand war. Doch es gab einen Fluss und das mag ich.“

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Marén Schulz studiert BWL und Sportpädagogik, wechselt die Sportart zu Volleyball, lernt ihren Mann beim Studium kennen und bekommt mit ihm eine Tochter. „Er ist gebürtiger Magdeburger und es war im Grunde klar, dass wir bleiben.“ Ihren heutigen Lebensmittelpunkt hat die Familie im Stadtteil Ottersleben.

Bewerbung bei Bosch

Als die Tochter aus dem Gröbsten raus und gut versorgt ist, bewirbt sich Marén Schulz bei Bosch auf eine Teilzeitstelle. Die erste Sprosse ihrer Karriereleiter, die sie von diesem Tag an fokussiert und motiviert nach oben klettert. Aufgrund ihres Studiums wird sie für das international tätige Unternehmen als Führungskraft interessant. „Bosch ist gewachsen und ich mit. Irgendwann habe ich nicht mehr nach außen geguckt. Ich habe mich hier gesehen und sehr wohl gefühlt.“

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Sie arbeitet auf der ganzen Welt, ist vier Jahre im Headquarter in Frankfurt am Main und wächst an und mit ihren Aufgaben. „Ich habe damals mit Handschlag darauf bestanden, dass es zurückgeht – zurück nach Magdeburg.“ Seit 2017 leitet sie den Standort Magdeburg der Bosch Service Solutions GmbH mit rund 1.250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Volleyball in Magdeburg-Reform

Für die leidenschaftliche Sportlerin ist es zudem eine Herzensangelegenheit, sich ehrenamtlich im Volleyball-Nachwuchsbereich des Vereins WSG Reform zu engagieren. „Ich bin B-Trainerin Beach- und Hallenvolleyball und ich gehe voll und ganz in dieser Basisarbeit auf.“ Die Motivation sei trotz des herausfordernden Jobs immer da, sagt die selbsternannte „Verbesserungsfanatikerin“.

Noch lange als Potsdamerin gefühlt

Lange, so berichtet sie, habe sie sich noch als Potsdamerin gefühlt. „Meine Eltern sind noch da.“ Doch Marén Schulz trägt längst Dom und Elbe in sich, sie kann hier auf ein starkes privates und berufliches Netzwerk setzen. „Ich bin jetzt die absolute Magdeburgerin.“ Radeln ihr Mann und sie durch die Stadt, erfreut sie sich an dem, was neu entsteht oder erhalten wird. „Die Stadt brauchte nach 1990 auch ein neues Konzept, genau wie ich. Ich denke, wir haben’s beide geschafft.“

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Die Stadt Magdeburg und der Mensch Marén Schulz sind längst glücklich vereint – Deutschland ist es aus ihrer Sicht noch nicht gänzlich. „Jeder muss sich fragen, welchen Beitrag er dazu leisten kann“, sagt sie. Sie ist sich sicher: „Wir können den Wandel. Wir haben schon viele Ärmel hochgekrempelt.“