Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Mit Video: Verliebt in Magdeburg- auf den zweiten Blick
Mario Spaniel saß mit Beckenbauer an der Hotelbar, startete neu durch und ist heute ein Manager der Sternauto-Gruppe - in Magdeburg.

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Hier Mario Spaniel, Spartenleiter Sternauto.
Leipzig ist 1989 die Stadt, in der die friedliche Revolution ihren Anfang nimmt. Hier wird das Ende der DDR „besiegelt“ – die Friedensgebete in der Nikolaikirche sind ein Meilenstein im politischen Umbruch des Jahres. Mario Spaniel ist in Leipzig geboren und erlebt die Stimmung und die besondere Atmosphäre als junger Mensch hautnah mit.
Video: Serie 35 Jahre Deutsche Einheit - Mario Spaniel, Sternauto-Gruppe
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„Ich habe am 1. September 1988, also fast genau ein Jahr vor dem Mauerfall, im Gästehaus des Ministerrats der DDR meine Ausbildung zum Restaurantfachmann begonnen“, erzählt der heutige Spartenleiter der Sternauto Gruppe und Centermanager von Sternauto in Magdeburg. Das Gästehaus diente als „gesicherte Herberge für die Mitglieder des Politbüros der DDR und deren Staatsgästen aus dem Ausland“ und war vor allem zu Messezeiten stark frequentiert. „Leipzig habe ich gerade zu dieser Zeit als sehr weltoffen wahrgenommen.“
Feuerwerk - mehr als zu Silvester
Aber da war auch diese unerträglich „Eingesperrtheit“, fehlende Meinungsfreiheit, sichtbare Umweltbelastung und die unbefriedigende Wohnungssituation, die letztendlich in Protesten und einer Massenflucht mündete. „Es war klar: Für diejenigen, die dageblieben sind, konnte es so nicht weitergehen.“ Auch Mario Spaniel und seine Freunde gehen auf die Straße und schlossen sich den friedlichen Montagsdemonstrationen an. Seine Ausbildung absolvierte er in der turbulenten und spannenden Wendezeit. An den 3. Oktober 1990 erinnert er sich noch gut. „Wir haben erst zu Hause vor dem Fernseher gesessen. Um Mitternacht gab es dann überall Feuerwerk - deutlich mehr als zu Silvester.“
Mit Beckenbauer an der Hotelbar
Das Gästehaus wird ein öffentliches Hotel und Mario Spaniel wird als Barkeeper am 4. Oktober 1990 zum Angestellten des Bundesfinanzministeriums und dessen Vermögensamt. „Ich hatte wohl die spannendsten 1990er und 1991er Jahre, die man als nicht einmal Zwanzigjähriger so haben kann.“ Sein größtes Erlebnis ereignete sich 1991 nach dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft. „Da saß plötzlich Franz Beckenbauer ganz allein bei mir an der Hotelbar. Und wir haben uns darüber unterhalten, wie er mit dem Stress seiner Berühmtheit als neuer deutscher Volksheld umgeht.“
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Anfang 1992 startet Mario Spaniel seine Karriere in der damaligen Daimler Benz AG. Er lässt sich zum Automobilverkäufer ausbilden und später innerbetrieblich zum Betriebswirt. Zu Beginn des Jahres 2000 verlässt er seine Geburtsstadt Leipzig und geht mit seiner Frau, den drei Kindern und dem Hund nach Reutlingen in Baden-Württemberg, um seine erste Führungsposition bei Mercedes-Benz anzutreten. Weitere Umzüge nach Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt folgen.
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2012 kommt Familie Spaniel nach Magdeburg. Ihre Begeisterung hält sich zunächst beim ersten Eindruck in Grenzen. „Wenn man von der Autobahn A2 in die Stadt reinfährt, siehst du erstmal nur Plattenbauten“, sagt Mario Spaniel. „Doch ich kann sagen, dass wir uns auf den zweiten Blick in Magdeburg verliebt haben.“ Drei Jahre sollte er bleiben – heute ist er immer noch da, fühlt sich als „Teil dieser Stadt“.
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Magdeburg ist wie ein „ungeschliffener Diamant“ und gerade die mit Magdeburg verbundenen sportlichen Erfolge lässt sie nach außen strahlen. „Standortwechsel gehören in meinem Job dazu, aber ich bin nie gependelt. Wir sind als Familie immer gemeinsam umgezogen und mussten uns in wechselnden Lebens- und Wirtschaftsräumen immer neu erfinden.“ In Magdeburg blickt das Ehepaar Spaniel in diesem Jahr auf 30 Ehejahre zurück. „Wir könnten aktuell kaum glücklicher sein.“
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Mario Spaniel, dessen Traum einmal die gastronomische Selbstständigkeit gewesen ist, trägt heute die Verantwortung für das PKW-Neufahrzeuggeschäft der Sternauto-Gruppe und ist Centermanager für die Standorte in Magdeburg und Burg. Zwischen 2013 und 2022 habe es seiner Einschätzung nach eine „starke wirtschaftliche Phase“ in Magdeburg gegeben, vor allem im Bauwesen. „Eigenheimsiedlungen sind neu entstanden, auch im Hochbau ist viel passiert. Das hat das Gesicht der Stadt positiv verändert.“
Wiedervereinigung noch nicht vollzogen
Betrachtet er das Zeitfenster vom Franz Beckenbauer-Moment bis heute, so ist die Wiedervereinigung von Ost und West zumindest für seine eigene Generation noch nicht vollzogen. „Das ist in den Köpfen immer noch getrennt“, sagt er. Jüngere Menschen würden aber ihren Beitrag zum Zusammenwachsen leisten, betrachtet man die hohe Attraktivität als Bildungsstandort.
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Der Stadt Magdeburg wünscht er, mehr Industrie Investitionen in hochqualifizierte Arbeitsplätze. Die wachsenden Logistikhallen rund um die A2 und A14 zeigen die Dynamik der Stadt. Dennoch „Wir müssen uns als Landeshauptstadt breiter aufstellen“, wünscht sich Mario Spaniel. „Auch, wenn natürlich die Lage im Herzen Deutschlands ganz großartig und ein großer Vorteil ist.“