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Behörden-Krimi um Intel-Postenaffäre Diese brisante E-Mail belastet Sachsen-Anhalts Ministerin Feußner

Hat die Bildungsministerin in der Postenaffäre gelogen? Eine E-Mail legt den Verdacht nahe. Sie liegt der Volksstimme vor. Was steht drin?

Von Michael Bock, Alexander Walter und Jens Schmidt Aktualisiert: 16.02.2024, 20:06
Eva Feußner: Hat die Bildungsministerin in der Postenaffäre gelogen?
Eva Feußner: Hat die Bildungsministerin in der Postenaffäre gelogen? Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Die Volksstimme bekam brisante Post: Die Kopie einer E-Mail, die die Bildungsministerin schwer belastet. Weder Feußner noch ihr Ministerium gaben am Freitag eine entlastende Erklärung ab – trotz Nachfrage.

Worum geht es? Ende 2022 suchte Feußners Haus im Zuge der Intel-Ansiedlung einen Koordinator. Der damalige Staatssekretär Frank Diesener sowie ein hoher Ministerialbeamter wurden aktiv: Sie sagten dem damaligen Leiter des Ecole Gymnasiums Barleben, Michael Kleinen, den Posten zu – und das drei Monate vor dem Start der Ausschreibung. Die Volksstimme deckte den Missstand auf. Kleinen ging leer aus. Staatssekretär Diesener wurde entlassen, der Beamte versetzt. Ministerin Feußner wies bislang alle Verantwortung von sich – sie habe von der regelwidrigen Anwerbung nichts gewusst. Wirklich nicht?

Am Donnerstag berichtet der MDR von einer Mail, die Feußner unter Druck setzt. Das Bildungsministerium zweifelt die Echtheit der E-Mail an. Gestern bekam die Volksstimme Post: Darin lag die Kopie der besagten Mail mit dem brisantem Inhalt. Der Ausdruck war zerrissen worden. Sollten alle Spuren verwischt werden?

Lesen Sie auch unseren Kommentar zur Intel-Posten-Affäre: Feußner wackelt

Datiert ist die Mail auf den 25.12. 2022 – zwei Tage nach der Volksstimme-Enthüllung. Die Veröffentlichung hatte offenbar höchste Betriebsamkeit ausgelöst. Selbst am Ersten Weihnachtsfeiertag waren die Betroffenen emsig. Im Betreff steht: „Dr. K“ – das deutet auf „Dr. Kleinen“, den Schuldirektor hin. Laut Mail hat der Leiter von Feußners Büro den in die Affäre involvierten Beamten gebeten, den Vorgang zu vernichten. „...bitte lösche alles, was du von mir und Frau Feußner in der Sache bekommen hast. Wir machen das auch. Auch diese Mail.“ Und: „Wenn die Sache eskalieren sollte, mach dir keine Sorgen. Ich habe mit Frau Feußner gesprochen. Wir schützen dich!“ Darunter die Signatur vom Absender, dem Leiter des Ministerbüros – mit der Abkürzung „iA“. Dies steht für „im Auftrag“ – der Büroleiter hatte wohl nicht im Alleingang gehandelt. Hatte die Ministerin das angeordnet? Zumindest dürfte sie den Vorgang kennen, denn im Kopf der Mail steht: „Cc: Feußner privat“.

Der Ministeriumssprecher stellte am Donnerstag eine entlastende eidesstattliche Erklärung in Aussicht. Die Volksstimme hakte nach. Doch bis Freitagabend kam nichts dergleichen an.

Drei Fragen, keine Antwort

Das Bildungsministerium teilte uns am Donnerstag mit: „Das Ministerium zweifelt die Echtheit der besagten E-Mail an.“ Der in der Mail als Empfänger angegebene und in die Postenaffäre verwickelte Beamte würde eine „eidesstattliche Erklärung“ abgeben, „dass er eine derartige E-Mail nicht empfangen oder versendet oder gelöscht hat“.

Doch bis Freitagabend kam keine Erklärung an.

Die Volksstimme hatte am Freitag um 10.28 Uhr dem Ministerium drei Fragen gemailt mit der Bitte um Antwort am selben Tag :

  • Wann wird der Empfänger der Mail die eidesstattliche Versicherung abgeben?
  • Wird auch der Absender eine eidesstattliche Versicherung abgeben? Falls Nein, warum nicht?
  • Erwägt das Ministerium wegen der Berichterstattung rechtliche Schritte?

Das Ministerium sah sich nicht in der Lage, die Fragen am Freitag zu beantworten. Schon um 12.52 Uhr antwortete Feußners Sprecher: „Die erbetene Frist können wir leider nicht einhalten, da wir zur Prüfung der Anfrage etwas Zeit benötigen.“

Der Mitteldeutsche Rundfunk hatte am Donnerstag zuerst über die Mail berichtet. Der MDR teilte uns auf Nachfrage mit: „Die Redaktion von MDR Sachsen-Anhalt hat den Vorgang um die besagte E-Mail sorgfältig recherchiert, nach den bestehenden Möglichkeiten überprüft und sich vor dem Hintergrund der Recherchen für eine Veröffentlichung entschieden.“

Liegt die E-Mail noch in elektronischer Form vor? Das zuständige Digitalministerium teilte der Volksstimme mit: „Grundsätzlich ist die Speicherung von E-Mails zeitlich nicht begrenzt.“ Gelöschte Mails seien bis zu 30 Tage wieder herstellbar. „Sollten E-Mails Aktenrelevanz entfalten, ist die Kommunikation entsprechend der Landesaktenordnung zu verakten.“ Ob das geschah, ist derzeit unklar.

Diese Kopie der ausgedruckten Mail liegt der Volksstimme vor. Einige Namen haben wir geschwärzt.
Diese Kopie der ausgedruckten Mail liegt der Volksstimme vor. Einige Namen haben wir geschwärzt.
Foto: Volksstimme

Was sagen die Parteien?

Die FDP steht noch zur Ministerin. Jörg Bernstein, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, schrieb: „Im Ministerium wird man sich der Tragweite einer eidesstattlichen Versicherung sehr wohl bewusst sein. Ich habe daher keinen Zweifel, dass die Aussagen des Bildungsministeriums den Tatsachen entsprechen.“

CDU-Fraktionschef Guido Heuer sagte: „Für die CDU-Fraktion gilt die Unschuldsvermutung. Die CDU-Fraktion vertraut der Ministerin Eva Feußner und fordert die Rückkehr zur Realität.“