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10 Tage Sudenburg Die ganze Klaviatur - Musik in der Kirche

Die Volksstimme beleuchtet an zehn Tagen das Leben in Magdeburg-Sudenburg einmal von den weniger bekannten Seiten. Heute: Tag 3.

Von Robert Richter 24.08.2017, 14:00

Magdeburg l Manchmal klingt sie wie das Horn eines Elbedampfers, die Orgel in der St.-Ambrosiuskirche zu Sudenburg. Wenn sie ihre tiefsten, vollsten Töne aus den dicksten Pfeifen herauspresst, vibriert die Kirchenbank ein bisschen.

Es sitzen 30 Menschen, fast alle ergraut, versprengt hinter kühlen Mauern. Darunter acht Männer und ein Schuljunge. Andächtig wird an diesem späten Mittwochnachmittag im August 2017 „30 Minuten Musik in St. Ambrosius“ gelauscht. Choräle wabern durch das Kirchenschiff. Alle paar Minuten drängelt sich das Bremsen einer Straßenbahn vom Ambrosiusplatz akustisch dazwischen. Die Kirchentür steht offen.

Die Nachmittagssonne lässt die bunten Fenster des Altarraums leuchten. An den Wänden lenken Fotografien der aktuellen Sommerausstellung in der Kirche die Blicke auf sich: historische Ansichten. Sudenburg in Sepia und Schwarz-Weiß. Wenn die Orgel verstummt, tritt der Pfarrer nach vorn an ein schmales Pult: Konstantin Rost liest Texte. Luther, Jesus, der Herr, Gottes Reich, Vaterunser. Einsatz der Orgel.

Ein Herr in der Mitte trägt sein leicht ergrautes Haar zum Pferdeschwanz gebunden. Mit seiner Bekannten aus Magdeburg sei er hier, zum ersten Mal. Er komme aus Mecklenburg-Vorpommern, aus der Nähe von Neubrandenburg. In seinem kleinen Ort habe er nicht oft die Gelegenheit, Orgelmusik zu hören.

Die Hauptakteurin der „30 Minuten Musik in St. Ambrosius“ ist – so ist das in Kirchen nun einmal – gar nicht zu sehen. Wie sie scheinbar mit Leichtigkeit ihre Finger über die Klaviatur tanzen lässt und dabei sanft den Kopf hin und her schwingt, können die Besucher nur erahnen. Am Ende gibt es kurzen, höflichen Applaus für sie.

Die Organistin heißt Dorlies Bunge, seit gut 15 Jahren ist sie Kirchenmusikerin der Gemeinde. „Ihre“ Orgel spielt sie täglich. Sie müsse ja auch üben.

Mittwochs spielt sie öffentlich, allein oder zuweilen auch mit Begleitung anderer Musiker. Dann kommen Stammgäste ebenso wie Neugierige zur Offenen Kirche und zur Musik. Mal mehr, mal weniger Leute.

Die ganze Sudenburger „Klaviatur“, buntes Leben, das schätze sie an Sudenburg und ihrer Arbeit in der Kirche, sagt Dorlies Bunge. Mittwochnachmittag heißt es: 30 Minuten Pause vom Alltag, Luft holen, Gedanken schweifen lassen. Der Pfarrer, die Organistin und ihre Mitstreiter werden am Mittwoch wieder die Kirchentür öffnen. Auch noch im September. Dann macht die Offene Kirche Pause. Bis zum nächsten Sommer in Sudenburg.

Die Serie im Überblick:

Tag 1: Bei den "Ureinwohnern" in der Bierstube

Tag 2: Eine Melange am Ambrosiusplatz

Tag 4: Klavierbauer verleiht Flügel an Stars

Tag 5: Audienz bei Harry IV. und Herrchen

Tag 6: Jutebeutel auf Abwegen

Tag 7: Probe bei singenden Plaudertaschen

Tag 8: Der Ambrosiuskirche aufs Dach gestiegen

Tag 9: Magdeburg lernt laufen

Tag 10: Der Chronist vom Friedhof